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Unwissenheit (Ignoranz)
(alte ATI-Ausgabe)
vom
Ehrw. Thanissaro Bhikkhu
Übersetzung ins Deutsche von: (Info)
jb für ZzE
Alternative Übersetzung: noch keine vorhanden
Alternative Version: Neuausgabe 2018

Avijja, das Paliwort für Unwissenheit (Ignoranz; alte ATI-Ausgabe), ist das Gegenteil von vijja, welches nicht nur “Wissen” sondern auch “Geschicklichkeit”, wie das Geschick eines Arztes oder eines Tierdompteurs, bedeutet. Als Buddha sich auf Unwissenheit, den Grund für Stress und Leiden, konzentrierte, indem er sagte, daß Leute leiden, weil sie die Vier Edlen Wahrheiten nicht kennen, meinte er nicht einfach nur, daß es ihnen an der Information oder dem direkten Wissen über diese Wahrheiten, mangelte. Er sagt gleichfalls, daß es ihnen am Geschick diese zu handhaben mangelt. Sie leiden, weil sie nicht wissen was sie tun.

Die vier Wahrheiten sind (1) Stress (Leiden), das alle Dinge, von der kleinsten Spannung bis zum größten Qual, umfasst; (2) die Ursache von Stress; (3) die Auflösung von Stress; und (4) der Pfad der zur Auflösung von Stress führt. Als Buddha diese Wahrheiten lehrte, lehrte er auch das sein volles Erwachen davon kommt, diese auf drei Eben zu verstehen: Sie zu erkennen, das Geschick das zu jeder angebracht ist zu kennen, und das Wissen, das er diese Geschicke vollkommen gemeistert hat.

Stress identifizierte er mit Beispielen, wie Geburt, Altern, Krankheit und Tod; Trauer, Elend und Trennung, und führte sie zu den fünf Aggregaten der Anhaftung zusammen: anhaften an physische Form; anhaften an Wohlgefühle, Wehgefühle und Weder-Wohl-noch-Weh-Gefühle; anhaften an Sichtweisen; anhaften an Gedankenkonstruktionen; und anhaften an sinnliches Bewußtsein. Den Grund für Stress identifizierte er in drei Arten des Anhaften: Anhaften an Sinnlichkeit, anhaften an eine Identität in einer Welt der Erfahrungen und anhaften an die Zerstörung der Identität und der Welt der Erfahrungen. Die Auflösung von Stress identifizierte er im Entsagen und Befreien von diesen drei Arten der Anhaftung. Und den Pfad zur Auflösung von Stress identifizierte er als rechte Konzentration, zusammen mit dessen unterstützenden Faktoren: rechte Ansicht, rechte Entschlossenheit, rechte Sprache, rechte Handlung, rechte Lebensweise, rechte Anstrengung und rechte Achtsamkeit.

Diese vier Wahrheiten sind nicht nur Tatsachen des Leidens. Sie sind Kategorien um deinen Erfahrungen einen Rahmen zu geben, sodaß du sie diagnostizieren und das Problem des Stresses heilen kannst. Anstelle dich nach Bewertungen in Konditionen, wie selbst oder andere, oder in Konditionen von mögen und nicht mögen, umzusehen, betrachtest du sie mit den Bewertungen wo da Stress ist, was ihn verursacht und wie du der Ursache eine Ende setzen kannst. Sobald du die Welt der Erfahrung in dieser Weise einteilen kannst, wirst du erkennen, daß jede dieser Kategorie eine Aktivität ist. Das Wort „Stress“ mag ein Hauptwort sein, aber die Erfahrung von Stress wird durch deine Absichten gezeichnet. Es ist etwas, daß du tust. Das selbe gilt auch für die anderen Wahrheiten. Das sehend, kannst du daran arbeiten deine Geschicke passen zu jeder Aktivität zu perfektionieren. Das Geschick im Bezug auf Stress ist ihn zu verstehen, bis zu einem Punkt wo keine Begierde, Ablehnung oder Unwissenheit um es zu tun, mehr da ist. Um dieses Geschick zu perfektionieren, mußt du auch von der Ursache des Stresses abkehren, seine Aufhebung erkennen und den Pfad zu dieser Aufhebung entwickeln.

Jede dieser Geschicke assistiert den Partner. Wenn zum Beispiel ein Zustand von Konzentration in deinem Geist aufkommt, beobachtest du diesen nicht nur einfach wie er kommt und wieder vergeht. Konzentration ist Teil des Pfades und daher ist das passende Geschick dazu, versuchen sie zu entwickeln: Verstehen was dich dazu bringt stabiler, solider und subtiler zu werden. In dem du dies tust, entwickelst du die anderen Faktoren des Pfades in gleichem Maße, bis das Tun deiner Konzentration, mehr ein einfaches Sein ist: eine strahlendes Bewußtsein sein, präsent sein, nicht sein, mit Leerheit sein.

Mit dieser Aussicht beginnst du Ebenen von Stress zu verstehen, die du noch nie zuvor bemerkt hast. Sowie du das Anhaften, daß die gröberen Ebenen verursacht, losläßt, wirst du sensitiver gegenüber subtileren und auch diese kannst du aufgeben. Du siehst immer klarer warum du unter Stress gelitten hast: Du hast die Verbindung zwischen der Anhaftung und dem Leiden, daß dich ausbrennt, ergriffen und den Stress in den Aktivitäten die du genossen hast nicht erkannt. Sobald du die Ursache für andere Formen von Stress aufgegebenen hast, wirst du sehen, daß das Sein Sein deiner Konzentration ebenfalls viele Ebenen des Tuns hat: mehr Ebenen von Stress. Dort ist es dann möglich alle Anhaftungen an diese Aktivitäten aufzugeben und volles Erwachen kommt auf.

Der Pfad des Erwachens ist notwendigerweise graduell, da die Sensitivität Zeit braucht um entwickelt zu werden und da es nötig ist Geschicke zu entwickeln, die du nur dann ablegst, wenn sie ihre Arbeit getan haben. Wenn du das Verlangen nach Konzentration aufgibst, bevor sie entwickelt ist, würdest du deinen Geist niemals in die Lage bringen, wo er wirklich und gänzlich auch von den subtilen Formen des Tuns loslassen kann.

Aber sowie deine Geschicke ineinander fließen, ist das Erwachen, daß sie anregen, schlagartig. Buddhas Gleichnis ist wie die Kontinentalplatte Indiens: ein allmähliches Abflachen, gefolgt von einem plötzlichen Steilhang. Nach der Klippe verbleibt keine Spur von mentalem Stress. Das ist der Punkt wo du weißt, daß du deine Geschicke gemeistert hast. Und auch der Punkt an dem du die Vier Edlen Wahrheit wirklich verstehst.

Anhaften, zum Beispiel, ist etwas daß du jeden Tag erfährst, aber bis zu dem Zeitpunkt an dem du es nicht vollkommen losgelassen hast, kennst du es nicht wirklich. Du kannst Stress ohne Ende für Jahre erfahren, aber du verstehst Stress nicht wirklich, bis du es zu dem Punkt wo Begierde, Ablehnung und Unwissenheit vergangen sind, komprimierst. Und auch wenn diese vier Geschicke, während du sie entwickelst, ein größeres Gefühl von Bewußtsein und Leichtigkeit bringen, weißt du, bist du davon geschmeckt hast, nicht wirklich warum diese so wichtig sind und wohin deren meistern führen kann.

Denn selbst das gesamte Wissen über die Vier Edlen Wahrheiten ist nicht das Ende dessen oder selbst. Es ist ein Hilfsmittel zu etwas viel größerem: Nirvana findet man am Ende von Stress, aber es ist mehr als das. Es ist die vollkommene Freiheit von allen Hemmnissen durch Zeit und Ort, Existenz und Nicht-Existenz, hinter allen Aktivitäten, selbst über die Aktivität der Aufhebung des Stresses hinaus. So wie Buddha einst sagte, das Wissen, daß er mit dem Erwachen erlangt hat ist so umfassend wie die Blätter im Wald, das Wissen, daß er mit den vier edlen Wahrheiten vermittelte, war wie eine Hand voll Blätter. Er schränke seine Lehren auf eine Hand voll Blätter ein, da dies alles Notwendige sind, um seine Schüler zu deren eigenen Wissen über den gesamten Wald zu leiten. Wenn er andere Aspekte seines Erwachens besprochen hätte, hätten dies keinen Zweck erfüllt und wären dem Ziel im Wege gestanden.

Also selbst mit dem gesamten Wissen über die Vier Edlen Wahrheiten, ist dies nur ein Floß um den Strom zu überqueren, um einen Gleichnis zu gebrauchen. Du mußt, während du übersetzt, deine gesamte Aufmerksamkeit auf das Floß richten. Nicht nur das dich diese Wissen zum völligen Erwachen bringt, hilft es dir jede Realisierung auf dem Weg zu beurteilen. Das macht es auf zweierlei Wegen. Erstens enthält es Standards, diese Erkenntnisse zu beurteilen: Ist da irgend ein verbleibender Stress in meinem Geist? Irgend einer? Wenn da einer ist, dann bist du nicht vollkommen Erwacht. Zweites haben die Geschicke die du entwickelt hast, deine Sensibilität alle Dinge im sein zu tun gestärkt, welches dir sicher stellt, daß dir die subtilen Ebenen des Leidens nicht verloren gehen. Ohne diese Sensibilität könntest du leicht einen unendlichen brillanten Zustand von Konzentration als etwas mehr ansehen, als er ist. Aber wenn du wirklich weist was du tust, wirst du Freiheit vom Tun erkennen, wenn du sie letztlich erreichst. Und wenn du diese Freiheit kennst, weißt du auch etwas darüber hinaus: Das größte Geschenk das du anderen geben kannst, ist ihnen diese Geschicke zu lehren, sodaß sie dies selber erreichen können.