„In dieser Höhle sieben Jahre“
[§A]Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf die Ermordung der Sundari. Zu dieser Zeit aber war der Erhabene geehrt und geachtet.
[§D]Die Begebenheit ist im Khandaka [1] schon ausgeführt. Im folgenden kommt ein Auszug [2].
Als die Mönchgemeinde des Erhabenen zu Ehre und Ansehen, das der großen Flut der fünf großen Ströme glich, gelangt war, hatten die Lehrer der andern Sekten ihren Ruhm und ihr Ansehen verloren und waren glanzlos geworden wie Leuchtkäfer zur Zeit des Sonnenaufgangs. Und sie versammelten sich gemeinsam und sprachen: „Seit der Zeit, da der Asket Gotama gekommen ist, sind wir unsers Ruhmes und unsers Ansehens beraubt; niemand weiß mehr von unsrer Existenz. Mit wem können wir uns nun zusammentun, um den Asketen Gotama in Schande zu bringen und seinen Ruhm und sein Ansehen verschwinden zu machen?“ Da kam ihnen der Gedanke: „Wenn wir uns mit Sundari zusammentun, werden wir es können.“
Als nun eines Tages Sundari das Kloster der Irrgläubigen betrat, begrüßten sie sie, redeten sie aber, als sie dastand, nicht an. Diese sprach sie immer wieder an; als sie aber keine Antwort erhielt, fragte sie: „Hat euch, ihr Edlen, jemand etwas zuleide getan?“ Die andern erwiderten: „Schwester, siehst du nicht, wie der Asket Gotama uns beständig schädigt und uns unsers Ruhmes und Ansehens beraubt hat?“ Darauf sprach Sundari: „Was kann ich da tun?“ Jene antworteten: „Du, Schwester, bist schön und anmutvoll. Bringe den Asketen Gotama in Unehre, lass dann viel Volk deine Erzählung vernehmen und bewirke so die Vernichtung seines Ruhmes und Ansehens.“ Sie versetzte: „Es ist gut“, grüßte sie und ging fort.
Darauf nahm sie Kränze, wohlriechende Substanzen, Salben, Kampfer, Muskatnüsse u. dgl. und ging am Abend, als eine große Menge Volkes die Predigt des Erhabenen angehört hatte und es Zeit war, zur Stadt zurückzukehren, nach dem Jetavana hin. Als man sie fragte: „Wohin gehst du?“, antwortete sie: „Zu dem Asketen Gotama, denn ich wohne mit ihm zusammen in demselben duftenden Gemache [3].“
Nachdem sie dann die Nacht in einem Kloster der Irrgläubigen zugebracht hatte, begab sie sich am Morgen wieder auf den Jetavana-Weg und ging in der Richtung nach der Stadt. Als man sie wieder fragte: „Wie, Sundari, wohin gehst du?“, erwiderte sie: „Nachdem ich zusammen mit dem Asketen Gotama in demselben duftenden Gemach die Nacht verbrachte und ihn an unreiner Lust sich habe vergnügen lassen, komme ich jetzt davon zurück.“
Nach einigen Tagen aber gaben die Irrgläubigen einigen Spitzbuben Geld und sprachen: „Gehet, tötet Sundari, versteckt sie in dem Kehrichthaufen in der Nähe des duftenden Gemachs des Asketen Gotama und gehet dann wieder.“ Und diese taten so. —
Darauf machten die Irrgläubigen ein Geschrei: „Wir finden Sundari nicht“, und sagten dies dem Könige. Dieser fragte sie: „Auf wen habt ihr Verdacht?“, und sie antworteten: „An dem und dem Tage ist sie nach dem Jetavana gegangen; was darauf geschehen ist, wissen wir nicht.“ Da sprach der König: „Gehet deshalb hin und suchet sie!“ Mit der Erlaubnis des Königs nahmen sie ihre Aufwärter [4] mit, gingen nach dem Jetavana und suchten dort nach Sundari. Sie fanden sie in dem Kehrichthaufen, legten sie auf eine Bahre, gingen in die Stadt zurück und sagten dem König: „Die Schüler des Asketen Gotama dachten: ‘Wir wollen die böse Tat des Meisters verbergen’; und sie töteten Sundari und legten sie in den Kehrichthaufen hinein.“ Darauf sprach der König: „Gehet deshalb und durchwandert die Stadt!“
Da schrien sie in den Straßen der Stadt herum: „Seht, was die Asketen, die die Schüler des Sakya-Sohnes sind, getan haben“, u. dgl. und begaben sich dann wieder an die Pforte des königlichen Palastes. Der König aber ließ den Leichnam der Sundari auf dem Leichenplatze auf ein Gerüst legen und bewachen. Da sagten die Bewohner sämtlich mit Ausnahme der edlen Schüler: „Sehet, was die Asketen, die Schüler des Sakya-Sohnes, getan haben“, u. dgl. und schmähten beständig die Mönche in der Stadt und außer der Stadt, in Gärten und Wäldern.
Es teilten aber die Mönche dem Vollendeten mit, was geschehen war. Der Meister sprach: „Deshalb erwidert den Leuten folgendermaßen:
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Diese Strophe sagte er.
Der König aber schickte Leute aus mit folgendem Auftrage: „Sucht herauszufinden, ob Sundari von anderen getötet wurde.“ Jene Spitzbuben nun tranken für das Geld Branntwein und stritten miteinander. Einer sagte: „Du hast Sundari mit einem Schlage getötet und sie in dem Kehrichthaufen versteckt und nun trinkst du Branntwein für das Geld, das du dafür bekommen hast.“ „Gut, gut“, dachten die Leute des Königs, nahmen die Spitzbuben fest und brachten sie vor den König. Darauf fragte sie der König: „Ist sie von euch getötet worden?“ „Ja, Herr“, antworteten sie. „Wer hat sie töten lassen?“ „Die Anhänger der anderen Sekten, Herr.“
Da ließ der König die Anhänger der anderen Sekten kommen und sprach: „Hebt Sundari auf und geht; durchwandert die Stadt und sprecht also: ‘Diese Sundari haben wir töten lassen, da wir darauf aus waren, den Asketen Gotama in Schande zu bringen. Nicht des Gotama noch der Schüler des Gotama Schuld ist es, sondern unsere Schuld.’“ Und sie taten so. Eine große Menge von Ungläubigen bekehrte sich; die Anhänger der anderen Sekten aber wurden mit der Strafe wegen Menschenmordes belegt. Und von da an wurde das Ansehen des Buddhas größer.
Eines Tages nun begannen die Mönche in der Lehrhalle folgendes Gespräch: „Freund, die Anhänger der anderen Sekten wollten die Buddhas anschwärzen und schwärzten sich damit nur selbst an; die Ehre und das Ansehen der Buddhas aber wurde dadurch größer.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier niedergelassen?“ Als sie antworteten: „Zu der und der“, sprach der Meister: „Ihr Mönche, es ist nicht möglich, die Buddhas zu beflecken. Der Versuch, die Buddhas zu beflecken, gleicht dem Versuch, ein edles Juwel zu beflecken. Früher bemühte man sich, um ein edles Juwel zu beflecken, vermochte dies aber trotzdem nicht zu besudeln.“ Und nach diesen Worten erzählte er auf ihre Bitte folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.
Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, nahm der Bodhisattva in einem Dorfe in einer Brahmanenfamilie seine Wiedergeburt. Als er herangewachsen war und den Nachteil einsah, der in den Lüsten liege, verließ er sein Haus, zog im Himalaya-Gebirge über drei Bergreihen hinüber, wurde ein Asket und wohnte in einer Laubhütte. Unweit von ihm befand sich eine Kristallhöhle; dort wohnten Eber, dreißig an Zahl. Unweit von der Höhle weilte ein Löwe; dessen Schatten konnte man in dem Kristall wahrnehmen. Da die Eber den Schatten des Löwen sahen, waren sie voll Furcht und Schrecken und hatten nur noch wenig Fleisch und Blut.
Daher dachten sie: „Infolge der Durchsichtigkeit dieses Kristalles kann man diesen Schatten sehen; wir wollen den Kristall besudeln und ihm seine Klarheit rauben.“ Sie begaben sich in einen nicht weit davon gelegenen Teich, wälzten sich im Schlamm, kehrten dann zurück und rieben sich an dem Kristall. Als dieser aber von den Schweinehaaren gerieben wurde, wurde er noch durchsichtiger.
Als nun die Eber kein Mittel fanden, dachten sie: „Wir wollen den Asketen nach einem Mittel fragen, um den Kristall undurchsichtig zu machen.“ Sie gingen zu dem Bodhisattva hin, begrüßten ihn und sagten, neben ihm stehend, die folgenden beiden ersten Strophen her:
Der Bodhisattva teilte es ihnen mit und sprach folgende dritte Strophe:
Da sie seine Rede vernahmen, taten sie also. Der Bodhisattva aber erlangte die Ekstase und gelangte später in die Brahma-Welt.
Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen hatte, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals war ich der Asket.“
Ende der Erzählung von dem Edelsteineber