Während aber der Bodhisattva noch im Tusita-Himmel weilte, entstand die Buddha-Verkündigung. In der Welt nämlich gibt es drei Verkündigungen:
„Von jetzt nach Ablauf von hunderttausend Jahren wird ein neues Weltalter entstehen“, wenn dies die Lokabyuha [Weltheere] genannten Götter der sinnlichen Götterwelten [119] hören, da wandeln sie, die Haare aufgelöst und verwirrt, mit tränenüberströmtem Antlitz, die Tränen mit den Händen abtrocknend, in rote Gewänder gekleidet und ganz hässliche Kleider tragend, im Bereiche der Menschen und verkünden ihnen folgendes: „Ihr Ehrwürdigen, von jetzt nach hunderttausend Jahren wird ein neues Weltalter beginnen. Diese Welt wird zugrunde gehen; auch das große Meer wird austrocknen. Diese große Erde und der Sineru-Berg, der König der Berge, werden verbrennen und vergehen. Bis zur Brahma-Welt wird die Welt untergehen. Betätigt, ihr Ehrwürdigen, die Liebe, betätigt Mitleid, Milde, Gleichmut, ihr Ehrwürdigen. Dienet eurer Mutter, dienet eurem Vater; ehret in der Familie die Ältesten!“ Dies ist die Weltalter-Verkündigung.
Wenn aber die die Welt behütenden Gottheiten hören: „Von jetzt nach tausend Jahren wird ein allwissender Buddha in der Welt erstehen“, so wandern sie umher und rufen aus: „Ihr Ehrwürdigen, von jetzt nach Ablauf von tausend Jahren wird ein Buddha in die Welt kommen.“ Dies ist die Buddha-Verkündigung.
Wenn aber die Gottheiten [120] hören: „Nach hundert Jahren wird ein weltbeherrschender König auftreten“, so wandern sie umher und rufen aus: „Ihr Ehrwürdigen, von jetzt nach Ablauf von hundert Jahren wird ein weltbeherrschender König in die Welt kommen.“ Dies ist die Weltherrscher-Verkündigung. Dies sind die drei großen Verkündigungen.
Wenn sie von diesen den Laut der Buddha-Verkündigung hören, versammeln sich die Gottheiten aller zehntausend Weltsysteme zusammen; und wenn sie dann erkannt haben: „Das Wesen so und so wird der Buddha werden“, so gehen sie zu ihm hin und bitten ihn darum; sie bitten ihn aber, wenn die Vorzeichen eingetroffen sind. Damals aber versammelten sich alle Gottheiten von jedem Weltsystem zusammen mit den vier Großkönigen, mit Sakka, Suyāma, Santusita, Paranimmitavasavatti und dem großen Brahma [121] in einem Weltsystem, gingen im Tusita-Himmel zu dem Bodhisattva hin und baten ihn folgendermaßen: „Ehrwürdiger, als Ihr die zehn Vollendungen erfülltet, da erfülltet Ihr sie nicht, weil Ihr nach der Macht des Gottes Sakka oder nach der Macht des Mara, des Brahma oder eines Weltherrschers begehrtet; sondern weil Ihr zur Rettung der Welt nach der Allwissenheit verlangtet, darum erfülltet Ihr sie. Jetzt ist es Zeit für Euch, Ehrwürdiger, zum Buddhawerden; die Gelegenheit, Ehrwürdiger, Buddha zu werden, ist da.“ Das große Wesen gab darauf den Gottheiten seine Einwilligung noch nicht, sondern es betätigte zur Unterscheidung von Zeit, Erdteil, Land, Familie, Mutter und deren Lebenszeit den fünffachen großen Blick —
Da betrachtete es zunächst die Zeit: „Ist es wohl die richtige Zeit oder ist es nicht die richtige Zeit?“ Eine Zeit nämlich, in der das Alter höher als hunderttausend Jahre steigt, ist keine günstige Zeit; warum? Dann sind den Wesen Geburt, Alter und Tod nicht bekannt und es gibt deshalb nicht die mit drei Abzeichen gezierte Wahrheitsverkündigung der Buddhas. Wenn diese von der Unbeständigkeit der Dinge, von dem Leiden reden und davon, dass die Dinge nicht das Selbst sind, so denken jene: „Was reden diese da?“, und halten es nicht für hörenswert und für glaubwürdig. Darum findet dies kein klares Verständnis; weil dies fehlt, führt die Lehre nicht zum Heile. Darum ist dies eine ungünstige Zeit. Eine Zeit aber, in der das Leben weniger als hundert Jahre beträgt, ist auch keine günstige Zeit; warum? Dann sind die Wesen versessen auf die sinnlichen Lüste. Eine Ermahnung aber, die den auf die Lüste Versessenen gegeben wird, haftet nicht an ihrem Orte, sondern sie vergeht rasch wie der Strich eines Holzes im Wasser. Darum ist auch dies eine ungünstige Zeit. Die Zeit, in der das Leben von hunderttausend Jahren abwärts bis zu mehr als hundert Jahren dauert, ist eine richtige Zeit. Damals nun war die Lebensdauer hundert Jahre; darum merkte das große Wesen, die Zeit sei passend zur Wiedergeburt.
Dann dachte es über den Erdteil nach und betrachtete die vier Erdteile mit ihrer Umgebung; da merkte es: „In den drei anderen Erdteilen werden Buddhas nicht wiedergeboren, nur auf dem Jambu-Erdteil werden sie wiedergeboren“, und sah den Erdteil ein.
Dann dachte es: „Der Jambu-Erdteil ist groß; er umfasst zehntausend Yojanas. In welchem Lande werden die Buddhas wiedergeboren?“ Während es so über die Gegend nachdachte, sah es das Mittelland. Das Mittelland nämlich ist die im Vinaya [122] folgendermaßen bezeichnete Gegend:
Als es dann die Familie betrachtete, dachte es: „Die Buddhas nehmen ihre Wiedergeburt nicht in der Vessa-Kaste oder in der Sudda-Kaste; entweder in der überall verehrten Kriegerkaste oder in der Brahmanenkaste werden sie wiedergeboren. Jetzt ist die Kriegerkaste in der Welt geehrt; dort werde ich meine Wiedergeburt nehmen. Der König Suddhodana wird mein Vater sein.“ So sah es seine Familie.
Während es dann nach seiner Mutter ausschaute, dachte es: „Die Mutter eines Buddha ist nicht gierig und nicht auf Branntwein versessen, sondern während hunderttausend Weltaltern hat sie die Vollendungen erfüllt. Von ihrer Geburt an hat sie unverbrüchlich die fünf Gebote gehalten. Von dieser Art ist diese Fürstin Mahamaya; diese wird meine Mutter werden. Wie lange dauert aber noch ihr Leben?“ Da sah es, dass es noch zehn Monate und dazu sieben Tage betragen werde.
Nachdem es diese fünffache große Betrachtung angestellt, sagte es: „Zeit ist es für mich, ihr Ehrwürdigen, Buddha zu werden“, und gab ihnen so zu ihrem großen Gefallen seine Zustimmung. Dann entließ es die Gottheiten mit den Worten: „Gehet ihr!“ und ging umgeben von den Tusita-Gottheiten im Tusita-Himmel in den Nandana-Park. Alle Götterwelten nämlich haben einen Nandana- (= „Freuden-“) Park. Dort sagten ihm die Gottheiten: „Wenn du von hier geschieden bist, gehe zum Heile!“, und erinnerten es beständig an das Karma, das es sich durch seine guten Werke erworben. Während es sich dort von den es an sein Glück erinnernden Gottheiten umgeben aufhielt, starb es und nahm im Schoße der Fürstin Mahāmāyā seine Wiedergeburt. Um dies zu offenbaren, sei folgendes der Reihe nach erzählt: