Vor vier Asamkheyyas [6] und hunderttausend Weltaltern von jetzt an war eine Stadt namens Amaravati. Dort lebte ein Brahmane namens Sumedha, wohlgeboren von beiden Seiten, von mütterlicher wie von väterlicher; von der siebenten Generation her war er rein empfangen, untadelig und unangreifbar in Bezug auf seine Abstammung. Dabei war er schön, sehenswert, lieblich und mit höchster Schönheitsfülle ausgestattet. Ohne ein anderes Geschäft zu betreiben, erlernte er nur das Brahmanenwissen. Als er noch jung war, starben seine Eltern. Da brachte ihm der Minister, der seine Schätze verwaltete [7], eine eherne Tafel herbei, öffnete die mit Gold, Silber, Edelsteinen, Perlen u. dgl. gefüllten Schatzkammern und sagte ihm: „Soviel, Jüngling, ist das Eigentum deiner Mutter, soviel das Eigentum deines Vaters, soviel das deines Großvaters und Urgroßvaters.“ Nachdem er ihm so bis zur siebenten Generation das Vermögen bezeichnet hatte, sprach er: „Bewahre du dies!“ Da dachte der weise Sumedha: „Nachdem sie dieses Geld zusammengetragen hatten, sind der Großvater meines Vaters und die übrigen in die andere Welt gegangen, ohne auch nur ein Kahapana mitzunehmen. Mir aber ziemt es, mit diesen Schätzen mir einen Grund zum Fortgehen zu verschaffen.“ Nachdem er es dem Könige gemeldet, ließ er es in der Stadt durch Trommelschlag bekannt machen und spendete einer großen Volksmenge Almosen. Dann betätigte er die Asketenweltflucht.
Um aber dies zu erklären, ist hier die Erzählung von Sumedha wiederzugeben. Diese ist zwar im Buddhavamsa [8] ununterbrochen dargestellt; weil sie aber dort in gebundener Rede dargestellt ist, ist sie nicht ganz deutlich ausgeführt. Darum wollen wir sie zusammen mit Erklärungen, die von Zeit zu Zeit die gebundene Rede erläutern, hier wiedergeben. —
Vor vier Asamkheyyas also und hunderttausend Weltaltern bestand eine von den zehn Arten der Laute erfüllte Stadt, die den Namen Amaravati und Amara erhalten hatte. In Bezug hierauf heißt es im Buddhavamsa [1]:
Von diesen Lauten aber sind einige im folgenden zusammengefasst:
Nachdem so die Strophe im Buddhavamsa gesagt ist, heißt es weiter:
Als nun eines Tages dieser weise Sumedha auf dem Söller seines Palastes in Einsamkeit war und mit untergeschlagenen Beinen dasaß, da dachte er bei sich: „In einem neuen Dasein, du Weiser, ist das Nehmen der Wiedergeburt doch ein Unglück; wo immer man dann seine Wiedergeburt nimmt, gibt es ein Aufhören des Körpers. Ich aber bin der Geburt unterworfen, dem Altern, der Krankheit und dem Tode. Da ich so beschaffen bin, ziemt es sich für mich, nach dem unsterblichen großen Nirvana zu suchen, das ohne Geburt, ohne Alter, ohne Krankheit, ohne Leid, ohne Freude, das kühl ist. Sicherlich muss es einen Weg geben, der vom Dasein befreit und nach dem Nirvana hinführt.“ Darum heißt es:
Darauf dachte er noch weiter bei sich: „Wie es nämlich in der Welt ein Glück gibt, das das Gegenteil des Unglücks ist, so muss es, wenn es ein Dasein gibt, auch ein Nichtdasein geben, das davon das Gegenteil ist. Und wie es, da es die Hitze gibt, auch eine diese aufhebende Kühle gibt, so muss auch ein Nirvana (= „Erlöschen“) existieren, das die Lüste u. dgl. aufhebt. Wie es ferner von einer schlechten und niedrigen Sache als Gegenteil das Gute und Tadellose gibt, so muss auch, da es eine so böse Wiedergeburt gibt, ein Nirvana existieren, das, weil es alle Wiedergeburten beseitigt, als Nichtwiedergeburt bezeichnet ist.“ Darum heißt es:
Noch anderes dachte er: „So wie es für einen Mann, der in einen Unrathaufen versunken ist, wenn er von ferne einen mit fünffarbigen Lotosblumen bedeckten großen Teich sieht, passend ist, diesen Teich aufzusuchen und zu denken: ‘Auf welchem Wege kann man dorthin gelangen?’, und wie, wenn er ihn nicht aufsucht, dies nicht die Schuld des Teiches ist, so ist, da das unsterbliche große Nirvana als ein Teich vorhanden ist, der die Befleckung der Lüste abwäscht, dessen Nichtaufsuchen nicht die Schuld des unsterblichen großen Nirvana. Und wie bei einem Mann, der von Räubern umringt ist, wenn es einen Weg zum Entkommen gibt und er doch nicht fortläuft, dies nicht die Schuld des Weges, sondern nur die Schuld des Mannes ist, geradeso ist auch bei einem Manne, der von den Lüsten umringt ist, wo es doch einen edlen Weg gibt, der zum Erlöschen führt, das Nichtaufsuchen dieses Weges nicht die Schuld des Weges, sondern nur die Schuld des Mannes. Und wie endlich bei einem Manne, der von Krankheit gequält ist, wenn ein Arzt vorhanden ist, der diese Krankheit heilen kann, und er nicht nach dem Arzte sucht und seine Krankheit nicht heilen lässt, dies nicht die Schuld des Arztes ist, ebenso ist es auch, wenn einer, der durch die Krankheit der Lüste gequält wird, einen vorhandenen Lehrer, der des Weges zur Beruhigung der Lüste kundig ist, nicht aufsucht, nur dessen Schuld, nicht aber die Schuld des Lehrers, der die Lüste zerstören kann.“ Darum heißt es:
Weiter dachte er: „Wie ein Mann von feiner Herkunft, nachdem er einen an seinem Halse befestigten Leichnam beseitigt hat, fröhlich weitergeht, so muss auch ich diesen faulen Körper von mir werfen und, ohne zurückzuschauen, in die Stadt des Nirvana hineingehen. Und wie Männer und Frauen, nachdem sie an der Unratstätte Kot und Urin von sich gegeben, diesen nicht im Bausche ihres Gewandes mitnehmen oder mit einem Zipfel ihres Kleides umhüllen und so weiter gehen, sondern voll Ekel, ohne zurückzuschauen, es wegwerfen und fortgehen, so muss auch ich, ohne zurückzuschauen, diesen faulen Körper wegwerfen und in die Stadt des Nirvana eingehen. Und wie Schiffer ein unbrauchbar gewordenes Schiff ohne Rücksicht im Stiche lassen und weiter fahren, so werde auch ich diesen aus neun Wundenöffnungen [11] rinnenden Körper aufgeben und, ohne zurückzuschauen, in die Stadt des Nirvana eintreten. Und wie ein Mann, der mancherlei Kostbarkeiten bei sich hat und mit Dieben zusammen einen Weg geht, aus Furcht, die Kostbarkeiten zu verlieren, sie wegwirft und dann sicher diesen Weg geht, so ist auch dieser gebrechliche Körper einem Räuber ähnlich, der Kostbarkeiten raubt; wenn ich danach Lust betätigen werde, so wird das kostbare Tugendkleinod des edlen Weges mir verloren gehen. Darum ziemt es mir, diesen einem Räuber ähnlichen Körper zu verlassen und in die Stadt des Nirvana einzugehen.“ Darum heißt es:
Nachdem so der weise Sumedha durch mancherlei Gleichnisse diese mit der Weltflucht zusammenhängende Angelegenheit bedacht hatte, verschenkte er seine unermessliche Schätzemenge auf die oben angegebene Art an Arme, Wanderer u. dgl., spendete so ein großes Almosen, gab die Freude am Besitz und die Freude an den Lüsten auf und verließ die Stadt Amara. Ganz allein machte er sich im Himalaya-Gebirge bei einem Berge namens Dhammaka (= „Wahrheitsberg“) eine Einsiedelei. Er errichtete eine Blätterhütte und einen Wandelgang, der frei war von den fünf hindernden Fehlern. Um sich die für die Erwerbung der übernatürlichen Erkenntnisse notwendige Kraft, die auf den acht in den Worten „Mit so beruhigtem Gemüt“ usw. [12] geschilderten Arten der Tatkraft beruht, zu verschaffen, verzichtete er in dieser Einsiedelei auf seine mit den neun Fehlern versehene Kleidung und zog sich ein mit den zwölf Vorzügen ausgestattetes Bastgewand an: so betätigte er der Weisen Weltflucht. Nachdem er aber diese Weltflucht betätigt, verließ er diese mit den acht Fehlern erfüllte Blätterhütte und begab sich an den mit den zehn Vorzügen ausgestatteten Fuß eines Baumes; er verzichtete auf jede Art von Getreide und nährte sich nur mehr von den von selbst wachsenden Früchten. Indem er beim Sitzen, beim Stehen und beim Umherwandeln ernstes Streben betätigte, wurde er schon innerhalb von sieben Tagen der acht Vollkommenheiten und der fünf Erkenntnisse teilhaftig. So erlangte er die Kraft der übernatürlichen Erkenntnis, wie er sie erstrebt hatte.
Als so der Asket Sumedha, nachdem er der Erkenntnisse Kraft erlangt, im Glück der Erreichung seines Zieles lebte, erstand in der Welt ein Lehrer mit Namen Dipamkara. Auch bei dessen Empfängnis, Geburt, Erlangung der Erkenntnis, und als er das Rad der Lehre in Bewegung setzte, erzitterten die zehntausend Welten; sie wankten, sie erbebten und ertönten laut. Die zwölf Vorzeichen wurden sichtbar [20]. Der Asket Sumedha aber, der im Glück der Erreichung seines Zieles lebte, hörte weder diesen Laut noch sah er diese Zeichen. Darum heißt es:
Zu dieser Zeit kam der mit den zehn Kräften ausgestattete [22] Dipamkara, umgeben von vierhunderttausend, die die Lüste aufgegeben hatten, während er der Reihe nach umherwandelte, nach der Stadt Rammaka und weilte dort im großen Kloster Sudassana. Als die Bewohner der Stadt Rammaka hörten: „Dipamkara, der Herrscher der Asketen, hat, nachdem er die höchste vollständige Erleuchtung erlangt und das Rad der herrlichen Lehre in Bewegung gesetzt hat, bei seinem allmählichen Umherwandeln die Stadt Rammaka erreicht und wohnt in dem großen Kloster Sudassana“, ließen sie zerlassene Butter, Butter und andere Heilmittel, sowie Kleider und Decken mitnehmen und begaben sich mit wohlriechenden Substanzen und Kränzen in der Hand dorthin, wo der Buddha, wo die Lehre, wo die Gemeinde war [23], strebend, verlangend und begehrend zu dem Meister. — Nachdem sie ihm gehuldigt und mit wohlriechenden Substanzen u. dgl. ihre Verehrung bezeugt, setzten sie sich ihm zur Seite. Als sie dann seine Unterweisung angehört, luden sie ihn für den morgigen Tag ein; dann erhoben sie sich von ihrem Sitze und gingen wieder fort. Nachdem sie am nächsten Tage ein großes Almosen zurechtgemacht und die Stadt geziert hatten, schmückten sie auch den Weg, den der mit den zehn Kräften Ausgestattete kommen sollte. Auf die vom Wasser zerrissenen Stellen warfen sie Erde, den Boden machten sie eben und bestreuten ihn mit Sand, der die Farbe einer silbernen Schale hatte; geröstete Getreidekörner und Blumen streuten sie aus, sie entfalteten Fahnen und Flaggen aus mannigfach gefärbten Tüchern und stellten Bananen und Reihen von vollen Wassertöpfen auf.
Zu dieser Zeit war der Asket Sumedha von seiner Einsiedelei aufgeflogen [24] und wandelte gerade über diesen Leuten her. Als er die Menschen so hocherfreut sah, dachte er: „Was ist wohl die Ursache davon?“; er stieg aus der Luft herab und fragte zu ihnen hinzutretend die Leute: „Holla, für wen schmückt ihr diesen Weg?“ Darum heißt es:
Die Leute erwiderten: „Ehrwürdiger Sumedha, weißt du nicht: Der mit den zehn Kräften ausgestattete Dipamkara ist, nachdem er die völlige Erleuchtung erlangt und das Rad der Lehre in Bewegung gesetzt hat, bei seinem Umherwandeln nach unserer Stadt gelangt und wohnt im großen Kloster Sudassana. Wir luden diesen Erhabenen ein; den Weg, den dieser Buddha, der Erhabene, kommen wird, schmücken wir.“ Da dachte der Asket Sumedha: „Selbst das Wort ‘Buddha’ ist schwer zu erlangen in der Welt; wie viel mehr erst das Auftreten eines Buddha? Auch mir kommt es zu, mit diesen Leuten zusammen den Weg des mit den zehn Kräften Ausgestatteten zu schmücken.“ Und er sprach zu den Leuten: „He, wenn ihr diesen Weg für den Buddha schmückt, so gebt auch mir eine Gelegenheit dazu; auch ich will mit euch zusammen den Weg schmücken.“ Sie gaben ihre Einwilligung. Da sie wussten: „Der Asket Sumedha ist wunderkräftig“, dachten sie an die Stelle, die vom Wasser zerrissen war, und gaben sie ihm mit den Worten: „Besorge du diese Stelle.“ Voll Freude, die den Buddha zum Ausgangspunkt hatte, dachte jetzt Sumedha: „Ich bin im Stande, diese Stelle durch meine Wunderkraft zu schmücken. Wenn sie aber so geschmückt ist, wird sie mich dadurch nicht befriedigen; heute kommt es mir zu, eine knechtische Arbeit zu verrichten.“ Er holte Sand herbei und warf ihn auf diese Stelle.
Als er aber diese Stelle noch nicht instand gesetzt hatte, kam Dipamkara, der mit den zehn Kräften Ausgestattete, umgeben von vierhunderttausend, die die sechs Erkenntnisse besaßen und die Lüste aufgegeben hatten und die große Wunderkraft hatten, während Gottheiten ihm mit göttlichen Kränzen und Wohlgerüchen ihre Verehrung darbrachten und göttliche Lieder erschallten, während ihn auch die Menschen mit menschlichen Wohlgerüchen, Kränzen u. dgl. verehrten, mit unvergleichlicher Buddha-Anmut, einem in der Manosila-Ebene springenden Löwen gleichend, auf den geschmückten und hergerichteten Weg. Der Asket Sumedha öffnete seine Augen und betrachtete die Person des mit den zehn Kräften Ausgestatteten, die mit den zweiunddreißig Abzeichen eines großen Mannes geschmückt, mit den achtzig kleineren Auszeichnungen versehen in Klafter weit von Glanz umgeben war, die gleich mannigfachen Blitzen an der edelsteinfarbigen Fläche des Himmels, die alle außer der gewöhnlichen Zeit erscheinen, paarweise sechsfarbige Buddhastrahlen entsandte und die höchste Schönheit zeigte. Da dachte er: „Heute kommt es mir zu, für den mit den zehn Kräften Ausgestatteten mein Leben zu opfern.“ Weiter bedachte er: „Der Erhabene soll nicht in den Schmutz treten; wie wenn er über eine Edelsteinplatte dahinschreiten würde, soll er mit den vierhunderttausend, die die Lüste aufgegeben haben, dahingehen, indem er auf meinen Rücken tritt. Dies wird mir lange Zeit zu Glück und Heil gereichen.“ Er löste seine Haare, breitete sein Ziegenfell, seine Flechten und sein Bastgewand in dem schwarzfarbigen Schmutze aus und legte sich wie eine Edelsteinplatte auf den Schmutz. Darum heißt es:
Während er so im Schmutze lag, öffnete er abermals die Augen und gewahrte die Buddha-Majestät des mit den zehn Kräften ausgestatteten Dipamkara. Da dachte er folgendermaßen: „Wenn ich wünschte, nach Tilgung aller Lüste ein neues Mitglied der Mönchsgemeinde zu werden, würde ich in die Stadt Ramma hineingehen. Ich habe aber nicht nötig, in unkenntlich machendem Aussehen die Lüste zu tilgen und zum Nirvana zu gelangen. Wie, wenn ich gleich dem mit den zehn Kräften ausgestatteten Dipamkara, nachdem ich zur höchsten Erleuchtung gelangt, das Wahrheitsschiff bestiege, dadurch viel Volks aus dem Ozean der Existenzen [28] rettete und dann erst zum völligen Nirvana einginge? Dies wäre für mich passend.“ Nachdem er sodann die acht Tugenden [29] vereinigt, fasste er den Entschluss, ein Buddha zu werden, und legte sich so nieder; darum heißt es:
Wodurch er aber nach der Buddhawürde strebte:
Als aber Dipamkara, der Erhabene, herbeikam und auf das Haupt des Asketen Sumedha trat, da schlug er, als öffnete er ein Edelsteinfenster, seine mit den fünf Arten der Anmut ausgestatteten Augen auf und sah den Asketen Sumedha auf dem Schmutze liegen. Da dachte er: „Dieser Asket hat sich niedergelegt mit dem Entschlusse, ein Buddha zu werden; wird nun sein Wunsch in Erfüllung gehen oder nicht?“ Indem er seine Gedanken nach der Zukunft richtete und überlegte, erkannte er: „Von jetzt an nach Ablauf von vier Asamkheyyas und dazu hunderttausend Weltaltern wird er ein Buddha mit Namen Gotama werden.“ Und während er noch so dastand, sprach er inmitten der Versammlung: „Seht ihr diesen Asketen voll hohen Bußeifers auf dem Schmutze liegen?“ „Ja, ehrwürdiger Herr“, antworteten sie. Darauf fuhr jener fort: „Dieser hat sich niedergelegt, weil er den Entschluss zur Buddhawürde gefasst hat. Von jetzt an nach vier Asamkheyyas und hunderttausend Weltaltern wird er ein Buddha mit Namen Gotama werden. In dieser Existenz wird die Stadt Kapilavatthu sein Aufenthalt sein, die Fürstin Maya seine Mutter, der König Suddhodana sein Vater, sein erster Schüler wird der Thera Upatissa [34] sein, sein zweiter Schüler Kolita, der Diener des Buddha Ananda, seine erste Schülerin die ehrwürdige Khema, seine zweite Schülerin die ehrwürdige Uppalavanna. Wenn er zur Erkenntnisreife gekommen ist, wird er die große Weltentsagung betätigen und ernstes Streben üben. Nachdem er dann Reisbrei entgegengenommen und am Ufer der Neranjara verzehrt hat, wird er in den Erleuchtungskreis [35] hinaufsteigen und am Fuße eines Assattha-Baumes die völlige Erleuchtung erhalten.“ Darum heißt es:
Der Asket Sumedha dachte: „Mein Wunsch wird also in Erfüllung gehen“, und war voll Freude. Als aber die Volksmenge das Wort des mit den zehn Kräften ausgestatteten Dipamkara vernahm, dachte sie voll Entzücken: „Der Asket Sumedha ist also ein Buddhakeim, ein Buddhasame.“ Folgendes war ihr Gedanke: „Wie ein Mann, der einen Fluss überschreitet, wenn er an der gegenüber liegenden Uferstelle nicht herauskommen kann, an einer weiter unterhalb gelegenen Landestelle heraussteigt, ebenso wollen wir, wenn wir in der Lehre des mit den zehn Kräften ausgestatteten Dipamkara die Frucht der Wege nicht erreichen können, in der Zukunft, wenn du der Buddha bist, dann vor deinem Angesicht die Frucht des Weges zu betätigen im Stande sein.“ Diesen Wunsch setzten sie fest. Nachdem aber der mit den zehn Kräften ausgestattete Dipamkara den Bodhisattva gepriesen hatte, brachte er ihm mit acht Handvoll Blumen seine Verehrung dar, umwandelte ihn von rechts und ging fort. Auch die vierhunderttausend zählenden Männer, die die Lüste aufgegeben hatten, verehrten den Bodhisattva mit wohlriechenden Substanzen und Kränzen, umwandelten ihn von rechts und gingen dann fort. Nachdem aber die Götter und die Menschen ihm gehuldigt und ihre Verehrung bezeugt hatten, entfernten sie sich.
Als alle fortgegangen waren, erhob sich der Bodhisattva aus seiner liegenden Stellung; indem er dachte: „Ich will über die Vollkommenheiten nachdenken“, setzte er sich auf einen Blumenhaufen mit verschränkten Beinen nieder. Als so der Bodhisattva dasaß, versammelten sich die Gottheiten aller zehntausend Weltsysteme, bewillkommneten ihn und sagten: „Edler Büßer Sumedha, die Vorzeichen, welche bei den früheren Bodhisattvas sichtbar wurden, wenn sie sich mit untergeschlagenen Beinen niedersetzten, um über die Vollkommenheiten nachzudenken, diese sind alle auch heute offenbar geworden. Unzweifelhaft wirst du ein Buddha werden. Wir wissen dies: ‘Wem diese Vorzeichen erscheinen, der wird gewisslich ein Buddha.’ Mache deine Bemühung fest und beobachte sie!“ So priesen sie den Bodhisattva mit mancherlei Lobsprüchen. Darum heißt es:
Als der Bodhisattva das Wort des mit den zehn Kräften ausgestatteten Dipamkara und das der Gottheiten aus den zehntausend Weltsystemen vernommen hatte, da befestigte er noch mehr seinen Entschluss und er dachte: „Die Buddhas reden doch nichts Unwahres; es gibt keine Änderung in der Rede der Buddhas. So fest und bestimmt wie ein in die Luft geworfener Erdklumpen herabfällt, wie ein Geborenes stirbt, wie nach dem Erscheinen der Morgenröte die Sonne aufgeht, wie ein seine Höhle verlassender Löwe seinen Löwenschrei ausstößt, wie eine hochschwangere Frau von ihrer Bürde befreit wird, ebenso gewiss und unfehlbar ist das Wort der Buddhas. Gewiss werde ich ein Buddha werden.“ Darum heißt es:
Nachdem er so den Entschluss gefasst: „Gewiss werde ich ein Buddha werden“, wollte er über die Tugenden, die einen Buddha bewirken, nachdenken und überlegte daher: „Wo sind jetzt die Tugenden, die einen Buddha bewirken? Sind sie oben oder unten, in den Haupthimmelsgegenden oder in den Nebenhimmelsgegenden?“ Während er so der Reihe nach den ganzen Umfang der Tugenden durchdachte, merkte er, dass die früheren Buddhas als erstes die Vollendung im Spenden mit Eifer betrieben hätten, und er ermahnte sich selbst folgendermaßen: „Du weiser Sumedha, von jetzt an erfülle als erstes die Vollkommenheit im Spenden! Denn wie ein umgedrehter Wassertopf restlos sein Wasser ausschüttet und es nicht wieder aufnimmt, ebenso musst du, ohne auf Geld oder Ruhm oder Weib und Kinder oder große und kleine Vorzüge zu achten, den Bittenden, die dir in den Weg kommen, alles, um was sie nur bitten, restlos schenken. Dann setze dich an den Fuß des Bodhi-Baumes und du wirst ein Buddha werden.“ So entschloss er sich zuerst fest zu der Vollendung im Spenden. Darum heißt es:
Doch er dachte: „Dies können allein noch nicht die Buddhatugenden sein.“ Während er weiter überlegte, erkannte er als zweites die Vollendung in der Tugend und es kam ihm folgender Gedanke: „Du weiser Sumedha, erfülle von jetzt an die Vollendung in der Tugend. Wie nämlich ein Yak-Ochse, ohne an sein Leben zu denken, nur seinen Schweif behütet, so behüte du von jetzt an, ohne dein Leben zu berücksichtigen, nur die Tugend und du wirst ein Buddha werden.“ So fasste er den zweiten festen Entschluss zur Vollendung in der Tugend. Darum heißt es:
Während er aber dann noch weiter überlegte: „So wenige können nicht die Tugenden sein, die einen Buddha bewirken“, erkannte er als drittes die Vollendung in der Entsagung und er dachte: „Weiser Sumedha, erfülle du von jetzt ab die Vollendung in der Entsagung! Denn wie ein Mann, der lange im Gefängnis weilt, nicht dazu Liebe betätigt, sondern damit unzufrieden ist und nur wünscht, nicht dort zu bleiben, ebenso richte du, indem du alle Existenzen Gefängnissen für gleich erachtest, indem du unzufrieden bist mit jeder Existenz und dich davon befreien willst, deinen Blick nur auf die Entsagung; so wirst du ein Buddha werden.“ So fasste er den dritten festen Entschluss zur Vollendung in der Entsagung. Darum heißt es:
Während er aber weiter überlegte: „Nicht so wenige nur können die Tugenden sein, die einen Buddha bewirken“, erkannte er als viertes die Vollendung in der Weisheit und er dachte: „Weiser Sumedha, von jetzt ab erfülle die Vollendung in der Weisheit! Gehe zu niedrigen, zu mittleren, zu hohen Leuten, ohne jemand auszuschließen, zu allen Weisen hin und richte Fragen an sie. Denn wie ein Almosen erbettelnder Mönch zu niedrigen und hohen Familien, ohne jemand auszunehmen, der Reihe nach hingeht und so rasch seine Nahrung erhält, ebenso gehe du zu allen Weisen hin, richte Fragen an sie und du wirst ein Buddha werden.“ So fasste er den vierten festen Entschluss zur Vollendung in der Weisheit. Darum heißt es:
Während er aber weiter überlegte: „Nicht so wenige nur können die Tugenden sein, die einen Buddha bewirken“, erkannte er als fünftes die Vollendung im kraftvollen Streben und er dachte: „Weiser Sumedha, erfülle von jetzt ab die Vollendung im kraftvollen Streben! Ebenso wie der Löwe, der König der Tiere, in allen seinen Handlungen [44] stark an Kraft ist, so sei auch du in allen Existenzen, in allen Handlungen stark an Kraft, nicht nachlassend in Kraft, und du wirst ein Buddha werden.“ So fasste er den fünften Entschluss zur Vollendung im kraftvollen Streben. Darum heißt es:
Während er aber weiter überlegte: „Nicht so wenige nur können die Tugenden sein, die einen Buddha bewirken“, erkannte er als sechstes die Vollendung in der Geduld und er dachte: „Weiser Sumedha, erfülle von jetzt ab die Vollendung in der Geduld. Sei geduldig bei Ehrung und bei Missachtung! Gleichwie man auf die Erde etwas Reines oder auch etwas Unreines wirft und die Erde dabei weder Liebe noch Widerwillen verspürt, sondern es erträgt und aushält, ebenso sei .auch du geduldig bei Ehrung und bei Missachtung, und du wirst ein Buddha werden.“ So fasste er den sechsten Entschluss zur Vollendung in der Geduld. Darum heißt es:
Während er aber weiter überlegte: „Nicht so wenige nur können die Tugenden sein, die einen Buddha bewirken“, erkannte er als siebentes die Vollendung in der Wahrheit und er dachte: „Weiser Sumedha, erfülle von jetzt ab auch die Vollendung in der Wahrheit! Auch wenn ein Blitz auf dein Haupt fällt, so sprich doch nicht um des Geldes u. dgl. willen, aus Bevorzugung oder dgl. ein unwahres Wort. Denn wie der Morgenstern in allen Jahreszeiten nicht seine Bahn verlässt und nicht auf einer andern Bahn läuft, sondern immer nur der eigenen Bahn folgt, ebenso verlasse auch du die Wahrheit nicht und sage keine Lüge; dann wirst du ein Buddha werden.“ So fasste er den siebenten festen Entschluss zur Vollendung in der Wahrheit. Darum heißt es:
Während er aber weiter überlegte: „Nicht so wenige nur können die Tugenden sein, die einen Buddha bewirken“, erkannte er als achtes die Vollendung in der Festigkeit und er dachte: „Weiser Sumedha, erfülle von jetzt an auch die Vollendung in der Festigkeit. Wozu du dich entschlossen hast, bei diesem Entschlüsse beharre unerschütterlich! Wie nämlich ein Berg, auch wenn ihn in allen Himmelsrichtungen der Wind trifft, nicht zittert und nicht wankt, sondern an seinem Platze stehen bleibt, so beharre auch du unerschütterlich bei deinem Entschlüsse und du wirst ein Buddha werden.“ So fasste er den achten festen Entschluss zur Vollendung in der Festigkeit. Darum heißt es:
Während er aber weiter überlegte: „Nicht so wenige nur können die Tugenden sein, die einen Buddha bewirken“, erkannte er als neuntes die Vollendung in der Liebe und er dachte: „Weiser Sumedha, erfülle von jetzt ab auch die Vollendung in der Liebe! Zeige bei günstig Gesinnten und ungünstig Gesinnten immer dasselbe Gefühl. Gleichwie das Wasser für schlechte Leute wie für gute seine Kühle in ganz gleicher Weise spendet, ebenso sei auch du zu allen Wesen in Liebe einer Gesinnung und du wirst ein Buddha werden.“ So fasste er den neunten festen Entschluss zur Vollendung in der Liebe. Darum heißt es:
Während er aber weiter überlegte: „Nicht so wenige nur können die Tugenden sein, die einen Buddha bewirken“, erkannte er als zehntes die Vollendung im Gleichmut und er dachte: „Weiser Sumedha, erfülle von jetzt an auch die Vollendung in dem Gleichmut! Sei im Glücke und auch im Unglück gleichmütig! Denn wie die Erde, wenn etwas Reines oder auch Unreines auf sie geworfen wird, gleichmütig bleibt, so sei auch du in Glück und Unglück gleichmütig und du wirst ein Buddha werden.“ So fasste er den zehnten festen Entschluss zur Vollendung im Gleichmut. Darum heißt es:
Darauf dachte er: „In dieser Welt sind die Tugenden, die einen Buddha bewirken, die von den Bodhisattvas erfüllt werden müssen und durch welche die Erleuchtung zur Reife kommt, nur so viele. Außer den zehn Vollendungen gibt es keine anderen. Auch diese zehn Vollendungen gibt es oben im Himmel nicht, unten auf der Erde im Osten und in den anderen Himmelsgegenden gibt es sie auch nicht; nur im Innern meines Herzens aber sind sie fest begründet.“ Als er so merkte, dass sie im Innern seines Herzens fest begründet seien, fasste er zu ihnen allen den festen Entschluss, sie zu betätigen, und ergriff sie immer wieder; vorwärts und rückwärts ergriff er sie. Er fasste sie am Ende und gelangte so an den Anfang; am Anfang fasste er sie und stellte sie so an das Ende [45]. In der Mitte fasste er sie und beendigte sie nach beiden Seiten; auf beiden Seiten fasste er sie und beendigte sie in der Mitte. „Das Aufgeben der Glieder, darin bestehen die Vollendungen: das Aufgeben äußeren Besitzes, darin bestehen die kleineren Vollendungen; das Aufgeben des Lebens, darin bestehen die höchsten Vollendungen“; „zehn Vollendungen gibt es, zehn Nebenvollendungen, zehn höchste Vollendungen“, so dachte er und ergriff sie, als wolle er doppeltes Öl zusammengießen, als wolle er den großen Meru-Berg zu seinem Butterstößel machen und damit den großen Ozean des Weltsystems umrühren. Während er aber die zehn Vollendungen immer wieder erfasste, erzitterte in Folge seines Tugendglanzes diese vier Nahutas [46] und hunderttausend Yojanas dicke große Erde gleich einem Rohrbündel, auf das ein Elefant getreten, oder gleich einer in Bewegung gesetzten Zuckermühle unter lautem Geräusch; sie wankte und erbebte; wie das Rad eines Töpfers oder wie das Rad einer Ölmühle drehte sie sich um. Darum heißt es:
Als aber die große Erde erzitterte, vermochten die Bewohner der Stadt Ramma nicht mehr, stehen zu bleiben, sondern sie fielen wie hohe Sala-Bäume, die von dem Weltzerstörungswind getroffen wurden, alle ohnmächtig nieder. Die Töpfergefäße von den Schüsseln angefangen drehten sich um, stießen aneinander und wurden zu Staub zermalmt. Da ging die Volksmenge furchterfüllt zu dem Meister [47] hin und sprach: „Wie, Erhabener, ist diese Drehung von Nagas verursacht oder ist es eine Umdrehung von irgendeinem der Geister, Dämonen oder der Gottheiten? Wir wissen dies nämlich nicht; dazu ist auch diese ganze Volksmenge bedrängt. Wird dies für diese Welt ein Übel sein oder ein Gut? Erzählt uns dies!“ Als der Meister ihre Worte hörte, antwortete er: „Ihr fürchtet euch nicht und bekümmert euch nicht! Von da aus entsteht für euch keine Gefahr. Dieser weise Sumedha, zu dem ich sagte: ‘In Zukunft wirst du ein Buddha namens Gotama sein’, dieser erfasst die Vollendungen. Da er die Vollendungen erfasst und bewegt, erzittert und erdröhnt durch seinen Tugendglanz das ganze System der zehntausend Welten mit einem Schlage.“ Darum heißt es:
Als die Volksmenge diese Worte des Vollendeten vernommen, war sie hocherfreut. Mit Kränzen, wohlriechenden Substanzen und Salben verließ sie die Stadt Ramma und ging zu dem Bodhisattva hin. Diesen verehrte sie mit den Kränzen usw., begrüßte ihn ehrfurchtsvoll, umwandelte ihn von rechts und kehrte dann wieder in die Stadt Ramma zurück. Nachdem aber der Bodhisattva die zehn Vollendungen erfasst und seinen Entschluss dazu festgesetzt hatte, erhob er sich von seinem Sitze, den er eingenommen hatte. Darum heißt es:
Während aber der Bodhisattva sich von seinem Sitze erhob, verehrten ihn vereint die Götter von allen zehntausend Weltsystemen mit göttlichen Kränzen und Wohlgerüchen und sagten zu ihm: „Edler Büßer Sumedha, du hast heute zu den Füßen des mit den zehn Kräften ausgestatteten Dipamkara einen großen Wunsch ausgesprochen; dieser soll dir ununterbrochen in Erfüllung gehen. Habe keine Furcht oder Bestürzung; deinen Körper soll auch keine noch so geringe Krankheit befallen. Nachdem du rasch die Vollendungen erfüllt hast, erlange die völlige Erleuchtung! Gleichwie die blütentragenden und die fruchttragenden Bäume zur rechten Zeit blühen und Früchte bringen, ebenso erreiche auch du, ohne die Zeit zu überschreiten, rasch die höchste Erleuchtung!“ Solche und ähnliche feierliche Lobsprüche äußerten sie; nachdem sie aber diese geäußert hatten, gingen sie wieder ein jeder an seinen Götterort. — Als der Bodhisattva so von den Gottheiten gepriesen war, dachte er: „Ich werde die Vollendungen erfüllen und dadurch am Ende von vier Asamkheyyas und hunderttausend Weltaltern der Buddha werden.“ Nachdem er so seinen Entschluss fest beschlossen hatte, stieg er in die Luft empor und begab sich in den Himalaya. Darum heißt es:
Ende der Erzählung von Sumedha