Die folgenden Auszüge stammen aus einer Sammlung von Redensfragmenten, die man dem Buch Ein Herz befreit als Teil eines Gedenkbandes beigefügt hatte, der bei Phra Ajahn Mans Einäscherung im Jahre 1950 verteilt worden war. Die Sammlung war aus Notizen von Ajahn Mans Reden zusammengestellt worden, die zwei seiner Schüler während der letzten beiden Jahre seines Lebens gemacht hatten. Sie decken eine breite Palette von Themen ab, darin eingeschlossen auch einige Darstellungen vom Lebenslauf des Buddha im üblichen Rahmen. Die hier aufgenommenen Auszüge umfassen alle jene Passagen, die sich direkt mit der Ausübung von Tugend und Meditation beschäftigen.
Einige von Ajahn Mans direkten Schülern haben angemerkt, dass die Fragmente wohl tiefgründiger und einsichtsreicher hätten sein können, wären die Schüler, die sie aufgezeichnet haben, in ihrer eigenen Meditationspraxis bereits weiter fortgeschritten gewesen. Demzufolge können wir nur Vermutungen anstellen, wie die Originalreden tatsächlich waren. Dennoch ist das, was aufgezeichnet wurde, es wert, gelesen und in die Praxis umgesetzt zu werden. Daher wird diese Übersetzung hier allen, die ein Interesse daran haben, als Gabe des Dhamma angeboten.
Ist jemals jemand in den Orden des Buddha aufgenommen worden, ohne die Meditation erlernt zu haben? Das können wir kategorisch verneinen; das hat es nicht gegeben. Es gibt keinen einzigen Präzeptor, der dem Aufzunehmenden nicht die Meditation beibringen würde, bevor er ihm seine Mönchsgewänder aushändigt. Würde ein Präzeptor nicht vorher die Meditation lehren, könnte er nicht länger Präzeptor bleiben. Daher kann von jedem, der ordiniert worden ist, behauptet werden, er habe die Meditation erlernt. Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln.
Der Präzeptor lehrt die fünf Meditationsthemen: kesa, Kopfhaare; loma, Körperhaare; nakha, Nägel; danta, Zähne; und taco, Haut. Diese fünf Meditationsthemen hören bei der Haut auf. Warum geht die Belehrung nur bis zur Haut? Weil die Haut ein besonders wichtiger Teil des Körpers ist. Jeder einzelne von uns braucht die Haut als seine Hülle. Hätten wir keine Haut, hätten Kopfhaare, Körperhaare, Nägel und Zähne keinen Zusammenhalt. Sie würden sich zerstreuen. Unsere Muskeln, Knochen, Sehnen und alle übrigen Körperteile könnten überhaupt nicht zusammenbleiben. Sie müssten sich voneinander trennen, auseinanderfallen.
Wenn wir uns in den menschlichen Körper verlieben, dann ist es die Haut, in die wir verliebt sind. Wenn uns der Körper als schön und verlockend erscheint und wir Liebe, Verlangen und Sehnsucht nach ihm entwickeln, dann wegen der Vorstellungen, die wir mit der Haut verbinden. Wenn wir einen Körper sehen, nehmen wir an, er habe eine Färbung — hell, rosig, dunkel, usw. — je nachdem wie unser Eindruck von der Hautfarbe ist. Hätte der Körper keine Haut, wer würde ihn dann als schön oder verlockend ansehen? Wer würde ihn lieben, gerne haben oder Verlangen danach empfinden? Wir würden ihn stattdessen nur mit Hass, Abscheu und Ekel betrachten. Wäre er nicht in Haut eingehüllt, würden die Muskeln, Sehnen und anderen Körperteile nicht zusammenhalten und könnten nicht dazu benutzt werden, irgend etwas zu bewirken — weswegen wir eben sagen, dass die Haut besonders wichtig ist. Dass wir überhaupt weiterleben können, verdanken wir der Haut. Dass wir uns täuschen lassen und den Körper als schön oder verlockend ansehen, liegt an der Haut. Deswegen endet die Belehrung durch die Präzeptoren mit der Haut.
Wenn wir unseren Geist auf die Betrachtung der Haut richten, bis wir sie als abstossend erkennen und ihre Unschönheit unserem Herzen unmissverständlich klar wird, dann erkennen wir unweigerlich die allem innewohnenden Wahrheiten von der Unbeständigkeit, Leidhaftigkeit und Nichtselbstheit. Unsere trügerischen, auf die Haut fixierten Vorstellungen von Schönheit und Attraktivität werden dadurch geheilt werden. Wir werden nicht länger irgendwelche irrigen Vorstellungen mit ihr verbinden, noch werden wir sie als ansprechend oder begehrenswert ansehen, weil wir sie als das erkannt haben, was sie ist. Nur wenn wir die Belehrungen unserer Präzeptoren ernst nehmen und nicht leichtfertig darüber hinweg gehen, werden wir diese allem innewohnenden Wahrheiten erkennen. Wenn wir die Belehrungen unserer Präzeptoren in den Wind schlagen, werden wir unsere wahnhaften Vorstellungen nicht heilen können und stattdessen den Verlockungen verführerischer Vorlieben verfallen — in das Räderwerk des Kreislaufs der Wiedergeburt.
Also sind wir vom Tag unserer Ordination an durch unsere Präzeptoren bereits wohl belehrt gewesen. Es gibt keinen Grund, darüber hinaus noch etwas zu suchen. Wenn wir immer noch unsicher sind, wenn wir immer noch nach etwas anderem suchen, dann zeigt das, dass wir immer noch verwirrt und verloren sind. Wären wir nicht verwirrt, was würden wir da noch suchen? Jemand, der nicht verwirrt ist, braucht nichts zu suchen. Nur jemand, der verwirrt ist, muss suchen. Je mehr er sucht, desto mehr verirrt er sich. Wenn jemand aber nicht herumsucht, sondern einfach das zur Kenntnis nimmt, was schon immer da ist, dann wird er die in sich ursprüngliche und unabänderliche Wirklichkeit klar erkennen, frei von den Fesseln und Vorspiegelungen eines befleckten Geistes.
Dieses Thema haben sich nicht etwa die Präzeptoren ausgedacht, um es dem Aufzunehmenden nach irgend jemandes Laune zu lehren. Es entstammt dem Wort des erhabenen Buddha selbst, der verfügt hat, dass der Präzeptor dem Aufzunehmendem diese wesentlichen Meditationsthemen zur ständigen Betrachtung beibringen soll. Wäre es anders, stünde unsere Ordination nicht im Einklang damit, dass wir das Haus- und Familienleben aufgegeben haben und hergekommen sind, damit wir um der Freiheit willen Entsagung pflegen. Unsere Ordination wäre nichts als Betrug. Aber da der Erwachte dies so verfügt hat, haben alle Präzeptoren diese Tradition bis in die Gegenwart fortgesetzt. Was uns unsere Präzeptoren gelehrt haben ist nicht falsch. Es ist absolut richtig. Wir haben es uns einfach nicht zu Herzen genommen. Aus eigener Willkür heraus sind wir träge und verblendet geblieben — denn Leute, die Bescheid wissen, haben bestätigt, dass diese Lehren der echte Weg zur Reinheit sind.
silam sila viya:
Tugend ist wie Felsgestein.
Tugend — Normalität — ist wie Felsgestein, das hart ist und die Grundlage des Bodens bildet. Wenn der Wind auch noch so heftig hämmert und stürmt: Felsgestein wankt nicht und schwankt nicht.
Wenn wir uns allerdings nur an das Wort "Tugend" halten, können wir immer noch in die Irre gehen. Wir müssen wissen, wo Tugend zu finden ist, was sie ist, und wer sie aufrecht erhält. Wenn wir den Faktor kennen, der die Tugend aufrecht erhält, dann können wir sehen, wie dieser Faktor den Kern der Tugend ausmacht. Wenn wir Tugend nicht verstehen, gehen wir am Ende in die Irre und greifen nur die äußerlichen Merkmale der Tugend auf, in dem Glauben, wir müssten anderswo danach suchen oder andere darum bitten, uns die Tugendregeln zu rezitieren, bevor wir Tugend haben könnten. Wenn wir sie erst noch suchen oder von anderen erbeten müssen, ist das nicht ein Anzeichen dafür, dass wir im Unklaren darüber sind? Ist das nicht ein Anzeichen dafür, dass wir uns an den Äußerlichkeiten von Regeln und Riten festhalten?
Diejenigen, die in Bezug auf die Tugend nicht verwirrt sind, brauchen nicht danach zu suchen oder darum zu bitten, weil sie wissen, dass Tugend in ihnen selber liegt. Sie selbst sind es, die ihre Tugend aufrecht erhalten, indem sie fehlerhaftes Verhalten unterschiedlicher Art vermeiden.
Absicht bildet den Kern der Tugend. Was ist Absicht (cetana)? Wir sollten einmal etwas mit diesem Wort spielen, um es verstehen zu können. Ersetzt das "e" durch ein "i" und fügt noch ein "t" hinzu. Das ergibt citta, Geist. Jemand ohne Geist kann nicht als Person bezeichnet werden. Wenn wir nur einen Körper hätten, was könnten wir da erreichen? Körper und Geist sind aufeinander angewiesen. Ist der Geist nicht tugendhaft, wird sich der Körper auf alle möglichen Arten schlecht verhalten. Deswegen sagen wir, dass es nur eine Tugend gibt: die des Geistes. Die Tugendregeln befassen sich einfach mit den Mängeln, die wir vermeiden sollen. Ob man die fünf Mängel vermeidet oder die acht, die zehn oder die 227, es ist immer ein und dieselbe Tugend, die man dadurch erfolgreich aufrecht erhält. Wenn man diese eine Tugend aufrecht erhalten kann, werden die eigenen Worte und Taten makellos sein. Der Geist wird im Normalzustand sein — einfach, fest, unnachgiebig.
Diese Art von Tugend ist nichts, was man suchen oder erbeten muss. Wenn Leute danach suchen oder darum bitten, dann zeigt das, dass sie arm und mittellos sind. Sie haben nichts, also müssen sie hingehen und betteln. Sie bitten wieder und immer wieder, dass man ihnen die Tugendregeln gibt. Je mehr sie darum bitten, desto mehr fehlen sie ihnen. Desto ärmer werden sie. /p>
Wir sind doch schon mit Körper und Geist ausgestattet. Den Körper haben wir von unseren Eltern; unser Geist ist auch schon bei uns, also haben wir alles, was wir brauchen, in vollem Umfang. Wenn wir Körper und Geist tugendhaft machen wollen, sollten wir einfach hingehen und es tun. Wir brauchen nicht zu glauben, dass Tugend hier oder da läge, zu dieser oder jener Zeit. Tugend ist schon die ganze Zeit genau hier bei uns. Akaliko: Wenn wir sie die ganze Zeit aufrecht erhalten, ernten wir auch die ganze Zeit ihren Lohn.
Diese Aussage lässt sich bestätigen, wenn man auf die Zeit des Buddha zurückblickt. Als die fünf Brüder; der Ehrwürdige Yasa, seine Eltern und seine frühere Ehefrau; die Kassapa-Brüder und ihre Schüler; König Bimbisara und sein Gefolge, usw., den Lehren des Buddha lauschten, da fragten sie nicht vorher danach, dass man ihnen die Tugendregeln rezitieren solle. Der Buddha fing gleich an, sie zu belehren. Wie waren sie also in der Lage, die edlen Pfade und Früchte zu erlangen? Der Buddha hat ihnen nie gesagt, dass sie ihn um Tugend, Sammlung und Weisheit bitten sollten. Sobald sie einmal vom Geschmack seiner Lehren gekostet hatten, da entwickelten sich Tugend, Sammlung und Weisheit einfach so in ihnen, ohne dass da erbeten oder gegeben wurde. Niemand musste für sie erst die verschiedenen Pfadfaktoren hernehmen und zu einem Ganzen zusammenfügen, denn in jedem einzelnen Fall waren Tugend, Sammlung und Weisheit Eigenschaften von ein und demselben Herzen.
Also können wir erst dann als wahrhaft weise gelten, wenn wir nicht dem Irrtum unterliegen, wir müssten irgendwo da draußen nach Tugend suchen.
Die Leute haben unterschiedliche Charaktereigenschaften aus der Vergangenheit mitgenommen, gute, schlechte und neutrale. Mit diesen Charakterzügen geht ein gewisses Entwicklungspotenzial einher — d.h. höher als jetzt, niedriger oder gleich. Manche haben ein hohes Vermögen, gut zu sein, aufgebaut, aber wenn sie Umgang mit Toren pflegen, wird ihr Entwicklungspotenzial zu dem eines Toren werden. Manche sind, was ihr Entwicklungspotenzial betrifft, schwach, aber wenn sie Umgang mit Weisen pflegen, verbessert sich ihr Entwicklungspotenzial, und sie werden auch zu Weisen. Manche suchen Umgang mit Freunden, die weder gut noch schlecht sind, die sie weder nach oben noch nach unten führen, und folglich bleibt ihr Entwicklungspotenzial auf einer mittelmäßigen Stufe.
Deshalb sollen wir möglichst Umgang mit Verständigen und Weisen pflegen, um unser Entwicklungspotenzial nach und nach, Schritt um Schritt, immer weiter zu verbessern.
Wir sind alle aus freien Stücken hierher gekommen, um zu lernen. Keiner wurde dazu genötigt. Da wir also hergekommen sind, um zu lernen und zu üben, sollten wir uns voll und ganz der Übung widmen, so wie es uns der Buddha und seine Schüler, die Arahants wurden, vorgemacht haben.
Gleich von Anfang an solltet ihr alle vier Wahrheiten — Geburt, Altern, Krankheit und Tod — betrachten, die auch alle Edlen vor uns betrachtet haben. Geburt: wir sind bereits geboren. Was ist euer Körper anderes als ein Haufen Geburt? Krankheit, Altern und Tod hängen alle mit diesem Haufen zusammen. Wenn wir diese Betrachtung in allen vier Körperhaltungen aufrecht erhalten — indem wir die Meditation im Sitzen, Gehen, Stehen und Liegen ausüben — wird sich der Geist in der Sammlung niederlassen. Wenn er sich nur kurz darin niederlässt, wird das vorübergehende Sammlung genannt. Anders gesagt, sammelt sich der Geist, stößt kurzfristig auf seine Grundebene vor und zieht sich dann wieder zurück. Wenn ihr eure Betrachtung ohne Unterlass aufrecht erhaltet, bis ein uggaha nimitta (aufsteigendes Bild) eines Teils des Körpers innerhalb oder außerhalb erscheint, dann betrachtet dieses Bild solange, bis der Geist es loslässt, auf seine Grundebene gelangt und dort eine längere Zeit bleibt, bevor er sich wieder zurückzieht. Sammlung auf dieser Stufe wird angrenzende Sammlung genannt.
Betrachtet dieses Bild immer weiter, bis der Geist wieder eine feste Verankerung auf seiner Grundebene erlangt und die Einigung der ersten Jhana-Stufe erreicht. Wenn sich der Geist zurückzieht, dann betrachtet dieses Bild wieder und immer wieder, bis ihr es als patibhaga nimitta (Gegenbild) auseinander nehmen könnt. Anders gesagt, betrachtet, wie der Körper nach dem Tod aussehen wird. Er wird auseinanderfallen müssen, bis nur die Knochen übrig sind. Stellt diese Wahrheit in den Mittelpunkt euerer Betrachtung, und zwar sowohl innen — in Bezug auf euren eigenen Körper — als auch außen — in Bezug auf den Körper anderer. Seht euch die verschiedenen Körperteile an: "Das sind Haare" ... "Das sind Nägel" ... "Das sind Zähne" ... "Das ist Haut". Wieviele Sehnen gibt es? Wieviele Knochen? Macht so weiter, bis ihr diese Dinge klar sehen könnt. Stellt euch bildlich vor, wie der Körper wieder zusammenkommt — im Sitzen, Stehen, Gehen und Liegen — und wie er dann stirbt und in seinen Ursprungszustand zurückkehrt: in seine ursprünglichen Bestandteile Erde, Wasser, Feuer und Wind.
Wenn ihr diese Betrachtung innen und außen wiederholt anstellt, indem ihr den Körper kurz nach dem Tod und lange nach dem Tod visualisiert, wie Hunde und Geier um ihn kämpfen, dann wird euer Geist je nach eurem Entwicklungspotenzial schließlich unmittelbare Einsicht erlangen.
sacitta-pariyodapanam
etam buddhana-sasanam:
Seinen Geist zu reinigen,
das ist den Lehren des Buddha zu folgen.
Der Buddha, unser vorderster Lehrer, lehrte von Körper, Sprache und Geist. Von nichts anderem lehrte er. Er lehrte uns, zu üben, unseren Geist auszubilden, unseren Geist zu benutzen, um den Körper zu untersuchen. Das nennt man die Betrachtung des Körpers als Bezugspunkt. Man lehrt uns, unsere Achtsamkeit im Laufe des Untersuchens gründlich auszubilden, bis ein ausreichender Grad erreicht ist — das wird Ergründung der Erscheinungen (dhamma-vicaya, eines der Erwachungsglieder) genannt. Wenn wir lange genug untersucht haben, so dass Achtsamkeit selbst zu einem Erwachungsglied wird, dann lässt sich der Geist von alleine in der Sammlung nieder.
Es gibt drei Stufen der Sammlung. In der vorübergehenden Sammlung sammelt sich der Geist, nimmt eine feste Haltung an und bleibt so einen Augenblick lang, bevor er sich zurückzieht. In der angrenzenden Sammlung sammelt sich der Geist, lässt sich auf seiner Grundebene nieder und bleibt eine Weile dort, bevor er sich zurückzieht, um dann ein Nimitta der einen oder anderen Art wahrzunehmen. In der feststehenden Durchdringung lässt sich der Geist in einer festen Haltung auf seiner Grundebene nieder und bleibt dort, geeinigt und vollkommen still — wobei er bewusst wahrnimmt, dass er in diesem Zustand ist — mit den fünf Jhana-Faktoren ausgestattet, die dann nach und nach immer feiner werden.
Auf diese Weise seinen Geist zu schulen, nennt man den Geist erheben, so wie es im Pali heißt:
adhicitte ca ayogo
etam buddhana-sasanam:
Seinen Geist zu erheben,
das ist den Lehren des Buddha zu folgen.
Die Betrachtung des Körpers ist eine Übung, die Weise — einschließlich des erhabenen Buddha — auf vielfältige Weise beschrieben haben. Im Mahasatipatthana-Sutta (Lange Lehrrede von den Bezugspunkten der Achtsamkeit) nennt er es zum Beispiel die Betrachtung des Körpers als Bezugspunkt. Bei den Wurzelthemen der Meditation, die ein Präzeptor am Beginn der Ordinationszeremonie lehren muss, beschreibt er die Betrachtung von Kopfhaaren, Körperhaaren, Nägeln, Zähnen und Haut. Im Dhammacakkappavattana-Sutta (Lehrrede vom Drehen des Dhammarads) lehrt er, dass Geburt, Altern und Tod leidvoll sind.
Wir alle sind bereits geboren, nicht wahr? Wenn wir so üben, dass wir opanayiko — diese Lehren nach innen tragen und sie so betrachten, dass wir sie auf uns selbst anwenden — dann gehen wir bei der Übung nicht in die Irre, weil der Dhamma akaliko, stets gegenwärtig, ist; und auch aloko, bei Tag und Nacht glasklar, ohne Schleier, die ihn verhüllen.
Wenn Leute, die den Dhamma und Vinaya lange studiert haben — die eine große Anzahl von Denkansätzen mitsamt den vielfältigen Folgerungen erlernt haben — schließlich daran gehen, ihren Geist auszubilden, stellen sie fest, dass ihr Geist sich nicht leicht in der meditativen Sammlung niederlässt. Sie müssen begreifen, dass sie zuerst einmal ihr erlerntes Wissen hernehmen und für die Zeit der Übung ins Bücherregal zurückstellen müssen. Sie müssen das "was weiß" — eben diesen Geist — schulen, indem sie ihre Achtsamkeit zur Super-Achtsamkeit, ihr Einsichtsvermögen zum Super-Einsichtsvermögen weiterentwickeln, so dass sie die Super-Täuschungen konventioneller Wahrheit und allgemein akzeptierter Vorwegannahmen durchschauen können, welche die Dinge aufbereiten, indem sie sie benennen: "Das hier ist dieses" und "Das dort ist jenes" — Tage, Nächte, Monate, Jahre, Erde, Himmel, Sonne, Mond und Sterne, einfach alles — all die Dinge, welche die Gedankengebilde, die Ursachen und Wirkungen des Geistes, zu diesem oder jenem aufbereiten.
Kann der Geist erst einmal diese geistigen Vorgänge durchschauen, so nennt man das: Leiden und seine Ursache erkennen. Widmet man sich beim Üben dieser Thematik und bringt sie wiederholt zur Entfaltung, bis man diese Dinge blitzschnell durchschauen kann, wird der Geist in die Lage versetzt, sich zu sammeln und niederzulassen. Sich derart auf einen Punkt zu konzentrieren, nennt man: den Weg entwickeln. Und wenn der Weg an einen Punkt gelangt, wo es ausreicht, da braucht man nicht erst von der Beendigung des Leidens zu sprechen. Sie erscheint dem Übenden ganz von selbst — weil Tugend, Sammlung und Einsichtsvermögen bei uns genau hier in Körper, Sprache und Geist vorhanden sind. Von diesen Dingen sagt man, sie sind akaliko: stets gegenwärtig. Opanayiko: Wenn jemand meditiert und das untersucht, was schon in ihm vorhanden ist, dann — paccattam — erkennt er selbst. Anders gesagt, betrachten wir den Körper, um zu erkennen, dass er unschön ist, und visualisieren ihn so, dass er gemäß dem ursprünglichen, bei Tag und Nacht stets glasklaren Dhamma in seine Hauptelemente zerfällt.
Bei der meditativen Betrachtung solltet ihr an diesen Vergleich denken: Reis muss man in der Erde anbauen. Reisbauern müssen sich bei Sonne und Regen durch den Matsch kämpfen, bis sie die vollen Reiskörner ernten, kochen und essen können, damit sie satt werden. Dabei bekommen sie ihren Reis ausschließlich aus Dingen, die schon da waren. Ebenso müssen Meditierende Tugend, Sammlung und Einsichtsvermögen weiterentwickeln, die auch schon in Körper, Sprache und Geist bei jedem vorhanden sind.
Was die Grundlagen unserer Übung betrifft, gibt es eigentlich kein Problem. Opanayiko: Richtet den Geist nach innen, um Körper, Sprache und Geist zu untersuchen — Dinge, die akaliko, sind, stets gegenwärtig; aloko, glasklar bei Tag und bei Nacht; paccattam veditabbo viññuhi, Weisen unmittelbar ersichtlich — genau so wie die Weisen der Vergangenheit, wie etwa der Buddha und seine Edlen Schüler, die Dinge klar erkannten, nachdem sie ihren Geist nach innen gerichtet hatten, um zu untersuchen, was bereits da war.
Diese Dinge sind nicht etwa nur manchmal da und manchmal nicht. Sie sind immer da, jederzeit, in jedem Zeitalter. Das können wir als Meditierende selbst erkennen. Anders gesagt, wenn wir einen Fehler machen, erkennen wir es. Wenn wir es richtig machen, erkennen wir es in uns selbst. Wie gut oder schlecht wir sind, wissen wir doch wohl besser als jeder andere — solange wir unbeirrt bei unserer meditativen Betrachtung bleiben und es nicht zulassen, dass wir selbstgefällig oder unachtsam werden.
Ein Beispiel aus der Vergangenheit ist das von den sechzehn jungen Schülern Bavaris, des Brahmanen. Sie hatten Jhana bis zu dem Punkt geübt, wo sie in rupa jhana und arupa jhana feststeckten. Folglich brachte ihnen der Buddha bei, das, was bereits in ihnen lag, zu betrachten, um es mittels ihres Einsichtsvermögens klar und deutlich zu erkennen — zu sehen, dass die Ebene der Sinnlichkeit unten liegt, die Ebene der Gestaltlosigkeit oben liegt, und die Ebene der Gestalt in der Mitte; die Vergangenheit als unten zu sehen, die Zukunft als oben, und die Gegenwart als in der Mitte. Dann brachte er ihnen bei, nach innen zu schauen — von den Füssen unten bis zu den Haarspitzen oben, und rundherum alles zwischendrin.
Sobald sie es derart betrachtet hatten, kamen sie selbst zu klarem Wissen. Damit waren ihre Zweifel, wie zu üben war, beendet, und sie brauchten nicht mehr woanders danach zu suchen.
Als Meditierende solltet ihr euch der Strategie bedienen, jederzeit dem Dhamma zu lauschen, selbst wenn ihr alleine lebt. Betrachtet, anders gesagt, den Dhamma bei Tag und bei Nacht. Auge, Ohr, Nase, Zunge und Körper sind physikalische Erscheinungen (rupa-dhamma) , die ständig gegenwärtig sind. Anblicke, Klänge, Gerüche, Geschmacks- und Tastwahrnehmungen sind ebenfalls gegenwärtig, so dass ihr sie sehen, hören, riechen, schmecken und tasten könnt. Der Geist? Auch der ist gegenwärtig. Auch eure Gedanken und Gefühle zu verschiedenen Themen — gute wie schlechte — sind gegenwärtig. Wachstum und Verfall, innerhalb und außerhalb von euch, sind ebenfalls gegenwärtig. Diese natürlichen Vorgänge zeigen die Wahrheit — Unbeständigkeit, Leidhaftigkeit und Nichtselbstheit — so dass ihr sie jederzeit sehen könnt. Wenn, zum Beispiel, ein Blatt am Baum gelb wird und herabfällt, zeigt es die Wahrheit der Unbeständigkeit.
Wenn ihr also diese Herangehensweise, die Dinge mit Achtsamkeit und Einsichtsvermögen zu betrachten, ständig anwendet, dann sagt man, dass ihr jederzeit, bei Tag und bei Nacht, dem Dhamma lauscht.