Der Geist – wie ungebundenes Feuer
Eine Metapher aus den frühbuddhistischen Lehrreden
Vierte Ausgabe
von
Thanissaro Bhikkhu (Geoffrey DeGraff)
Übersetzung ins Deutsche von: (Info)
Andreas Hubig
Alternative Formate: [PDF icon] Um eine gedruckte Version diese Buches zu erbitten, schreiben sie bitte an: Buddhistischen Gemeinschaft München oder direkt per email: Email an BGM e.V.

Kürzelverzeichnis   

Vedische Texte

AV Atharva Veda
BAU Bṛhadāraṇyaka Upaniṣad
ChU Chāndogya Upaniṣad
KathU Kaṭha Upaniṣad
KauU Kauśītakī Upaniṣad
MaiU Maitrī Upaniṣad
RVṚg Veda
SvUŜvetāśvatara Upaniṣad

Texte des Pāli-Buddhismus

ANAṅguttara Nikāya
DNDīgha Nikāya
ItiItivuttaka
KhpKhuddaka Pāṭha
MNMajjhima Nikāya
MvMahāvagga
SNSaṃyutta Nikāya
SnSutta Nipāta
ThagTheragāthā
ThigTherīgāthā
UdUdāna

Verweise auf DN, It, Khp und MN beziehen sich stets auf die Lehrrede (sutta). Verweise auf das Mv beziehen sich auf das Kapitel, den Abschnitt und den Unterabschnitt. Verweise auf die anderen Pāli-Texte beziehen sich jeweils auf den Abschnitt (saṃyutta, nipāta oder vagga) und die Lehrrede.

Alle Übersetzungen aus dem Pāli wurden vom Autor angefertigt. Als Quelltext für die Pāli-Texte diente die Royal Thai Edition (Bangkok: Mahamakut Rajavidyalaya, 1982).

Die mit einem Sternchen (*) markierten Begriffe werden im Glossar erklärt.

(Da Pali viele Arten hat, das Wort 'und' auszudrücken, habe ich, um Eintönigkeit zu verhindern das Kaufmann-Und (&) verwendet, um eine Auszählung & kurze Phrasen zu verbinden und das Wort 'und' um längere Phrasen & Satzteile zusammen zu fügen.) Alle Anmerkungen in runden Klammern wurden vom Autor eingefügt. [Alle in eckigen Klammern eingefügten Anmerkun¬gen stammen vom Übersetzer.]

Vorwort   

Alte Texte zu studieren, gleicht dem Besuch einer fremden Stadt. Die zu Verfügung stehende Zeit und das eigene Interesse bestimmen, ob man eine schnelle Pauschalreise zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten wünscht, eine weniger strukturierte Tour, bei der auch individuelle Er¬kundungen möglich sind, oder beides. Dieses Buch über die Konnotati¬onen der Wörter nibbāna (nirvāṇa) und upādāna in den Texten des frühen Buddhismus baut auf der Annahme auf, dass beide Herangehens¬weisen an das Thema ihre Vorteile haben; deshalb besteht es aus zwei separaten aber zusammenhängenden Teilen. Der erste Teil, die Zusammenfassung, entspricht der schnellen Tour. Er ist ein kurzer Überblick, der dazu dient, die Hauptpunkte des Argu¬ments hervorzuheben. Der zweite Teil, Der Essay, ist eine Gelegenheit, sich mit den Einheimischen an¬zufreunden, in die lokale Atmosphäre einzutauchen zu und eigenen Ein¬sichten zu gelangen. Er nähert sich dem Argument eher auf indirekte Weise und lässt die Texte (mit geringfügigen Unterbrechungen) selbst den Weg weisen, sodass sie in aller Ruhe erforscht und überdacht werden können. Teil I eignet sich für diejenigen, die Orientierung suchen und die durch das scheinbar Indirekte des zweiten Teils ungeduldig werden könnten. Teil II dieses Buches richtet sich an diejenigen, die an den Nu¬ancen, nebensächlichen Zusammenhängen und an der Bedeutung des Kontextes interessiert sind, welche bei einer strukturierteren Herange¬hensweise gewöhnlich verloren geht.

Obwohl jeder Teil dieses Buches für sich gelesen werden kann, würde ich empfehlen, dass alle ernsthaft an den Lehren des Buddha Interessier¬ten sich Zeit nehmen und die Übersetzungen, die den Hauptteil des zweiten Teils bilden, mit Bedacht lesen. Viele Westler, ja sogar ernsthaft praktizierende Buddhisten, besitzen oft eine beachtliche Unkenntnis über die ursprünglichen Lehren des Buddha, wie sie in den frühen Texten dargestellt sind. Viele ihrer Kenntnisse haben sie nur durch Informatio¬nen erhalten, die aus zweiter oder dritter Hand stammen und entspre¬chend gefiltert sind. Und ihnen ist nicht bewusst, was beim Prozess der Filterung hinzugedichtet wurde oder verloren gegangen ist. Obwohl die Zitate im Teil II aufgrund ihrer schieren Länge und Anzahl manchmal übertrieben scheinen, sind sie jedoch aufgrund des Kontextes, den sie den Lehren verleihen, wichtig. Sobald die Lehren in einen Kontext ein¬geordnet werden können, ist es einfacher und sicherer zu erkennen, was wahrer Buddha-Dhamma und was Produkt eines Filterungsprozesses ist.

Die Realisierung dieses Buches hat viele Jahre der Vorbereitung in Anspruch genommen. Es begann ursprünglich mit einer beiläufigen An¬merkung meines Meditationslehrers, Phra Ajahn Fuang Jotiko. Sie laute¬te, dass ein befreiter Geist einem erloschenen Feuer gleiche. Das Feuer ist nicht vernichtet, sagte er, sondern immer noch da, in der Luft verbreitet; es klammert sich nur nicht länger an irgendeinen Brennstoff. Diese An¬merkung hat mich noch lange Zeit danach beschäftigt. Als ich mit dem Studium des Pāli begann, wollte ich beim Lesen der frühen Texte zuerst in Erfahrung zu bringen, welche Ansichten über die Funktion des Feuers darin enthalten sind und wie diese Ansichten die Bedeutung von Nibbāna (wtl. „ausgehen“, „verlöschen“) als Bezeichnung für das Ziel der bud¬dhistischen Praxis, beeinflussten. Dieses Buch stellt das Resultat meiner Forschung dar.

Viele Menschen haben mir direkt oder indirekt bei diesem Projekt geholfen und ich möchte ihnen meinen Dank aussprechen. Zuallererst danke ich Phra Ajahn Fuang Jotiko, der mich nicht nur zu dieser For¬schungsarbeit ermutigte, sondern mir auch das beigebracht hat, was spä¬ter die Basis meiner vielen Einsichten formte, die hier in diesem Buch beschrieben werden. Es war das Beispiel seines Lebens und seiner Leh¬ren, welche mich ursprünglich vom Gehalt des Buddhismus überzeugte. A.K. Warders ausgezeichnetes Werk Introduction to Pali hat das Pāli-Studium zu einer Freude gemacht. Marcia Colish und J.D. Lewis, zwei meiner Professoren am Oberlin College brachten mir mit außerordentli¬cher Geduld bei, wie man alte Texte liest und interpretiert. Der Ehrwür¬dige Bhikkhu Bodhi, Donald Swearer, John Bullit, Margaret Dornish, Robert Ebert, Michael Grossi, Lawrence Howard und Doris Weir – sie alle haben frühere Auszüge aus dem Manuskript gelesen und wertvolle Verbesserungsvorschläge gemacht. Für alle noch verbliebenen Fehler bin natürlich ich ganz allein verantwortlich.

Schließlich möchte ich dieses Buch in Dankbarkeit meinem Vater, Henry Lewis DeGraff und dem Andenken an meiner Mutter, Esther Penny Boutcher DeGraff, widmen, die mir schon sehr früh den Wert von Wahrheit, innerer Schönheit und Güte vermittelten.

Thanissaro Bhikkhu
(Geoffrey DeGraff)
Metta Forest Monastery
August, 1993