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Die Wahrheit des Herzen bejahen
Eine buddhistische Lehre über Samvaga u. Pasada
von
Thanissaro Bhikkhu
Übersetzung ins Deutsche von: (Info)
jb für ZzE
Alternative Übersetzung: In Bekräftigung der Wahrheiten des Herzens von Ajahn Akincano 'Buchversion'
Alternative Formate: [book icon] Ein Druckversion finden sie in dem Buch: Edle Strategie. Um eine gedruckte Version diese Buches zu erbitten, schreiben sie bitte an: Buddhistischen Gemeinschaft München oder direkt per email: Email an BGM e.V.

Ein lebensbejahender Buddhismus, der uns lehrt, wie wir Glück finden und uns dem Reichtum des täglichen Lebens erschließen können.

Das ist was wir wollen, oder besser, so wurde es uns von Leuten erzählt, die uns einen mainstream-geführten Buddhismus verkaufen wollen. Aber ist es das was wir brauchen? Und ist das Buddhismus?

Denk einen Moment zurück an die Geschichte des jungen Prinzen Siddhartha und seine erste Begegnung mit Altern, Krankheit, Tod und einem wanderenden Einsiedler. Es ist eine der zugänglichsten Geschichten der buddhistischen Tradition, deshalb, weil sie direkt auf die Wahrheit-dem-Herzen-Qualität der Emotionen des jungen Prinzens zutrifft. Er sah Altern, Krankheit und Tod als den absoluten Terror und knüpfte all seine Erwartungen an ein nachsinnliches Waldleben, als seine einzige Chance zu entkommen. So wie Asvaghosa, der große budhistische Poet, in seiner Erzählung wiedergibt, hatte der junge Prinz keinen Mangel an Freunden und Familienmitglieder, die versuchten ihm diese Vorstellungen auszureden. Und Asvaghosa war weise genug die lebensbejahenden Ratschläge in einer sehr nachdrücklichen Weise darzustellen. Dennoch realisierte der Prinz, daß er, wenn er den Ratschlägen nachgeben würde, sein eigenes Herz betrügen würde. Nur indem er ehrlich zu seinen Emotionen war, war es im möglich sich auf den Pfad, der von den Werten seiner Gesellschaft in Richtung unübertreffliches Erwachen zur Todlosigkeit wegführte, zu machen.

Das ist wohl kaum eine lebensbejahende Geschichte in der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes, aber sie bejaht etwas viel wichtigers als das Leben: die Wahrheit des Herzens, wenn es nach absolut reinem Glück strebt. Die Kraft des Strebens hängt von zwei Emotionen ab, die man im Pali samvega und pasada nennt. Nur wenige haben jemals davon gehört, aber sie sind die grundlegenden Emotionen im Buddhismus. Sie inspirierten nicht nur den jungen Prinzen zur Suche nach dem Erwachen zu streben, auch als er Buddha geworden war, riet er seinen Schülern diese, als eine tägliche Basis zum Reflektieren, zu kultivieren. Tatsächlich ist die Art und Weise, mit der er diese Emotionen behandelte, so unverkennbar, daß sie wahrscheinlich einer der wichtigsten Botschaften seiner Lehren wäre, die man der amerikanischen Kultur heute offenbaren könnte.

Samvega war, was der junge Prinz Siddhartha fühlte, als er sich zum ersten Mal dem Altern, Krankheit und Tod vor Augen ausgesetzt vorfand. Es ist schwierig dieses Wort zu übersetzen, da es eine komplexe Reichweite beinhaltet – letztlich drei Anteile von Gefühlen in einem: die bedrückende Wahrnehmung von Schock, Betroffenkeit und Entfremdetsein, die mit dem Realisieren der Vergeblichkeit und Bedeutungslosigkeit des Lebens, wie es normal gelebt wird, aufkommen; und ein besorgter Sinn von Dringlichkeit um einen Weg aus diesem bedeutungslosen Kreislauf zu finden. Das ist eine Gruppe von Gefühlen, die wir alle dann und wann, seit unserer Geburt und im Verlauf des Aufwachsens, erfahren haben, und dennoch kenne ich keinen einzelnen englischen Ausdruck, der diese Drei in passender Weise ausdrücken würde. Es würde nützlich sein für soetwas einen Namen zu haben und vielleicht ist dies ja Grund genug, um einfach das Wort samvega in unsere Sprache zu addaptieren.

Aber mehr als nur einen nützlichen Namen bereit zu stellen, bietet Buddhismus eine effektive Strategie, um mit den Gefühlen dahinter umzugehen. Gefühle, die unsere Kultur als bedrohlich empfindet und dem entsprechend wenig behandelt. Unsere Kultur ist freilich nicht die einzige Kultur, die sich bedroht durch Gefühle wie samvega fühlt. In Siddharthas Geschichte stehen die Reaktionen der Vaters, gegenüber dem Entdeckungen des jungen Prinzens, vorzeigend, wie auch die meisten Kulturen mit diesem Gefühlen umgehen: Er versuchte den Prinzen zu überzeugen, daß seine Ansprüche an Glück unmöglich hoch waren und versuchte ihm zur selben Zeit durch Beziehungen und andere unerdenkbare Sinnesvergnügen abzulenken. Um es einfach zu halten: Die Strategie war den Prinzen zu einer Herabsetzung seiner Ziele zu bringen und Befriedigung, in in einer niedrigeren als dem absoluten und nicht sehr reinem Glück, zu finden.

Würde der Prinz heute in Amerika leben, würde der Vater andere Mittel finden, um mit der Unzfriedenheit des Prinzens umzugehen, aber die grundlegende Strategie wurde in ihrer Essenz die selbe sein. Wir könnten uns leich vorstellen, wie er ihn zu einem religiösen Berater bring, der ihm lehren würde an, daß Gottes Erschaffung im Grunde etwas Gutes sei, zu glauben und sich auf keinerlei Aspekt des Lebens zu richten, der Zweifel an diesem Glauben erregen könnte. Oder er würde ihn zu einem Psychotherapeuten bringen, der Gefühle von samvega als eine Unfähigkeit, der Realität ins Auge zu sehen, behandeln würde. Wenn die Therapie keine Resultate bringen würde, würde der Therapeut wahrscheinlich stimmungsschwächende Drogen, um die Gefühle des jungen Mannes aus dem System zu pressen, sodaß er wieder produktiv sein könnte und als gut ausgerichtet Gesellschaftsmitglied wieder teilnehmen könnte, verschreiben.

Wenn der Vater auch noch mit den realen heutigen Trends gehen würde, würde er vielleicht einen Dharma Lehrer finden, der dem Prinz beibringen würde, wie man an den kleinen Wundern des Lebens Freude finden kann, wie: eine Tasse Tee, ein Spaziergang im Wald, Sozialaktivismus oder die Schmerzen anderer zu lindern. „Nicht böse sein, wenn diese Formen des Glücks, dennoch durch Altern, Krankheit und Tod abgeschnitten werden“, würde man ihm dazu erklären. Der gegenwärtige Moment ist alles was wir haben, daher sollten wir versuchen, die bittersüße Möglichkeit an Würze wertzuschätzen und nicht an kurz aufkommender Freude hängen, wenn sie wieder vergeht.

Es ist eher unwahrscheinlich, daß der löwenbeherzte Prinz aus der Geschichte irgend eine dieser gutgemeinten Ratschläge auf sich genommen hätte. Er würde es als ein Propaganda für ein Leben der beständigen Trennung sehen, die ihm zum Verrat seines Herzens anstiften möchte. Wenn er aber keinen Trost zu diesen Themen finden würde, wohin in unserer Gesellschaft würde er gehen? Entgegen seiner Zeiten im damaligen Indien, haben wir keinerlei gut etablierten, sozial akzeptierten Alternativen, zu dem Zwang, ein wirtschaftlich produktives Gesellschaftsmitglied zu sein. Selbst unsere geistlichen religiösen Orden werden dafür gepriesen Brot, Honig und Wein für den Marktplatz zur Verfügung zu stellen. So würde der Prinz wahrscheinlich keine Alternative finden und sich den Bummlern und Aussteigern, den Radikalen und Revolutionären, den Jäger mit der Jagd als Lebensgrundlage und den übergelassenen Lebenskünstlern an der sozialen Randzone, anschließen.

Er würde viele feine Denker und senlsible Geister in ihren Reihen entdecken, aber keine Gestalt von getesteter und profunder Weisheit, an die er sich halten könnte. Jemand würde ihm vielleicht ein Buch von Thoreau oder Muir geben, aber deren Schriften würden ihm keine befriedigende Analyse zu Altern, Krankheit und Tod geben und schon gar nicht, würden sie Empfehlung, wie man darüber hinaus gehen könnte, geben. Und da es kaum ein sicheres Netzwerk für Leute am Abrand gibt, würde er sich darin wiederfinden, einen emormen Aufwand seiner Energie in die Grundversorgung des Überlebens stecken zu müssen und es würde ihm nur wenig seiner Kraft überbleiben, sich um eine Lösung seines Problems von samvega kümmern zu können. Er würde ohne eine Spur, seine Buddhaschaft abgebrochen, vielleicht im Raum des Utah Canyon oder dem Yukon Wäldern, verschwunden sein.

Für uns zum Glück, wurde der Prinz jedoch ein einer Gesellschaft geboren, die Unterstützung und Respekt für ihre Aussteiger aufbrachte. Das war die Grundlage für seine Möglichkeit eine Lösung für das Problem samvega zu finden und die Gerechtigkeit für die Wahrheit seines Herzens gab.

Der erste Schritt dieser Lösung wird in der Geschichte, durch des Prinzens Reaktion auf die vierte Person, die er auf seiner Reise ausserhalb des Palastes sah, dargestellt: der wandernde Waldeinsiedler. Die Emotion die ihn zu diesem Zeitpunkt wiederführ wird pasada genannt, eine anderes komplexes Gemisch aus Gefühlen, daß üblicher Weise mit „Klarheit und gelasene Überzeugung“ übersetzt wird. Dies ist was samvega davon abhält in Hoffnungslosigkeit zu münden. Im Falle des Prinzen, erlangte er damit einen klaren Sinn über seine Zwickmühle und dem Weg raus aus ihr, der zu etwas hinter dem Altern, Krankheit und Tod führte. Und zur selben Zeit fühlte er sich überzeugt, daß dieser Weg gelingen würde.

So wie die alten buddhistischen Lehren es offen darstellen, ist die Zwickmühle, daß der Kreislauf von Geburt, Altern und Tod ein sinnloser ist. Sie versuchen nicht uns diese Tatsache vorzuenthalten und bitten nicht danach, dahingegend unehrlich mit uns selbst zu sein oder die Augen vor der Realität zu verschließen. So wie ein Lehrer es erwähnt hatte, ist die buddhistische Wiedererkennung der Realität des Leidens – so wichtig, das Leiden als die erste edle Wahrheit geehrt wird – ein Geschenk, da sie unsere tiefst sinnliche und direkte Erfahrung bestätigt; eine Erfahrung die viele andere Traditionen versuchen zu verneinen.

Dazu halten uns die frühen Lehren dazu an, selbst noch einfühlsamer zu werden, zu einem Punkt an dem wir sehen, daß der wahre Grund unseres Leidens nicht da drausen – in der Gesellschaft oder ausserhalb unseres Wesens – sondern da drinnen, in der Begierde, die in jedem individuellen Geist vorhanden ist. Und sie zeigen den Weg zur diesen Befreiung, durch Entwicklung nobler, bereits latent im Geist vorhandener Qualitäten, bis zu einem Punkt, an dem man diese Begierde ausschmelzen und zur Todlosigkeit öffnen. So hat die Zwickmühle eine praktikable Lösung, eine Lösung, die in der Kraft eines jeden Menschen liegt.

Es ist auch eine Lösung die einer offenen, genauen Prüfung und einem Test zur Verfügung steht; ein Hinweis darauf wie überzeugt Buddha in die Lösung, die er zu samvega gefunden hatte, war. Das ist einer der Aspekte des authentischen Buddhismus, der zumeist jene Leute anregt, die davon müde sind erzählt zu bekommen, daß sie die Einsicht, die sie zu samvega inspiriert hat, gleich an erster Stell verneinen sollten.

Tatsächlich ist der frühe Buddhismus nicht nur zuversichtlich die Gefühle von samvega handhaben zu können, sondern eine der wenigen Religionen, die diese Gefühle aktiv bis zu einem extremen Ausmaß kultiviert. Seine Lösung zu dem Problem hängt von sehr viel notwendigem Eifer ab, sodaß nur starkes samvega vermag an der Praxis zu bleiben, ohne wieder in sein alten Leben abtriften zu können. Daher ist die Empfehlung an jeden Buddhisten, ob Mann oder Frau, Laie oder Ordinierterm, täglich über die Fakten von Altern, Krankheit und Tod zu reflektieren, Gefühle von samvega zu kultivieren und seine Kraft in Taten zu legen, um samvega ein Stückchen weiter zu pasada zu bringen.

Für Leute deren Sinn für samvega so groß ist, daß sie alle soziallen Fesseln ablegen möchten, um sich völlig dem Pfad zu widment, offeriert Buddhismus zweierlei, einen lang erprobten Körper an Weisheit, von dem man sich etwas abzeichnen kann, wie auch ein Sicherheitsnetz: die monastische Sangha, eine Institution die es ermöglicht das Laienleben, ohne Zeit zu verlieren und sich um Überlebensfragen zu sorgen, zu verlassen. Für jene, die das Laienleben nicht aufgeben können, bieten die Lehren einen Weg in der Welt zu leben, ohne von ihr überollt zu werden, ein Leben im Einklang mit Großzügigkeit, Tugend und Meditation, um die noblen Qualitäten des Geistes zu stärken, die dann zu einem Ende des Leidens führen.

Die symbiotische Verbindung, vorgesehen für diese zwei Bereiche der buddhistischen parisa, oder Gemeinschaft, garantiert, daß jeder vom Kontakt mit dem anderen profitiert. Die Unterstützung der Laien garantiert, daß die Klösterlichen sich nicht all zu sehr um Dinge wie Nahrung, Gewand und Unterkunft kümmern müssen; die Dankbarkeit, die Klösterlichen unweigerlich für die Gaben der Laien fühlen, halt sie davon ab in Eigenbrödlerei und Menschenfeindlichkeit zu verfallen. Zur selben Zeit hilft der Kontakt der Laien mit den Klösterlichen, eine passende Sichtweise über ein Leben, welches die Energie von samvega und pasada nährt, zu fördern, um nicht von der materialistischen Propaganda der Mainstreamwirtschaft verdrängt und erstarrt zu werden.

Die buddhistische Haltung zum Leben kultiviert daher samvega, eine klares Einverständnis der Sinnlosigkeit des Keislaufes aus Geburt, Altern und Tod, und entwickelt es zu pasada: einer Überzeugung in den Pfad zur Todlosigkeit. Der Pfad inkludiert nicht nur lang geprüften Beistand, sondern auch soziale Institutionen, die ihn nähren und an Leben erhalten. Dies ist alles was unser Gesellschafts bitterlich benötigt. Es ist eine Schande, das in den gegenständigen Anstrengungen im Mainstreambuddhismus, wichtige Aspekte der buddhistischen Tradition grundsätzlich ignoriert werden. Wir scheinen zu vergessen, daß eine Quelle der buddhistischen Stärke seine Fähigkeit ist, einen Fuß aus dem Mainstream zu lassen und auch die traditionelle Metapher für die Praxis, den Strom zu überwinden um ans andere Ufer zu kommen. Meine Hoffnung ist, das wir beginnen uns diese Dinge in den Geist zu rufen und sie uns zu Herzen zu nehmen, sodaß wir uns nach dem Fahrtrausch, eine Buddhisms der sich verkauft zu finden, uns nicht darin wieder finden, uns ausverkauft zu haben.